Vorwort.
Das vorliegende Lehrbuch ist aus eigenen Vorlesungen über das
Gebiet der gerichtlichen Psychiatrie hervorgegangen, welche für Medizin-
Studierende, Ärzte und Juristen zu verschiedenen Zeiten gehalten worden
sind. Leitender Gesichtspunkt war bei seiner Abfassung die Forderung
nach möglichster Übersichtlichkeit und Kürze ohne Beeinträchtigung des
Verständnisses oder Auslassung des für den Praktiker Notwendigen.
Grundsätzlich ist daher jeder überflüssig erscheinende Ballast vermieden
worden. Die Zahl der Beispiele ist eingeschränkt und nur ein Teil von
ihnen ist ohne Kürzungen gebracht worden, um dem Anfänger Muster
zu bieten. Die meisten Fälle betreffen eigene Begutachtungen, doch
sind einzelne besonders charakteristische Beispiele den Krankenakten
der Frankfurter Psychiatrischen Klinik entnommen worden mit Geneh-
migung von Herrn Geh.-Rat Prof. Sioli, dem ich auch. an dieser Stelle
meinen Dank sage.
; Ferner musste im Interesse der Raumersparnis auf eine erschöpfende
Literaturübersicht, auf die Verwertung fremder Kasuistik und auf die
Wiedergabe abweichender Anschauungen anderer Autoren grundsätzlich
verzichtet werden. Die im Schlussverzeichnisse zusammengestellten
Arbeiten, auf welche im Texte nur mit Ziffern hinverwiesen wird, dürften
aber dem Leser zur weiteren Orientierung über ihn besonders interessierende
Fragen zunächst genügen.
Für die gesamte Anordnung des Stoffes war die Überlegung mass-
gebend, dass es in foro stets in erster Linie darauf ankommt, über-
haupt festzustellen, ob geistige Störung vorliegt. Demgemäss enthält
der 2. Hauptteil eine ausführlichere Beschreibung der möglichen Zu-
standsbilder und Würdigung ihrer gerichtsärztlichen Bedeutung, während
der 3. Hauptteil sich auf eine mehr gedrängte Darstellung der klinischen
Verlaufsformen psychischer Erkrankungen beschränkt.
Neben den ausgezeichneten grossen Handbüchern der gerichtlichen
Psychiatrie, welche wir hente bereits besitzen, und die hier im Literatur-
verzeichnisse durch besonderen Druck hervorgehoben sind, darf vielleicht
auch dieses bescheidenere kurzgefasste Lehrbuch sich brauchbar erweisen
Frankfurt a. M., 30. August 1919.
Raecke.