Full text: Kurzgefasstes Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für Mediziner und Juristen

Syphius- 
schaft oder wird geradezu als angeborene Syphilis auf die Kinder 
vererbt. Die von ihr verursachte Zerstörung des Gehirngewebes erzeugt. 
fortschreitenden Blödsinn. 
Die von einem Erwachsenen neu erworbene Syphilis vermag 
bereits im Frühstadium zu psychischen Erkrankungen Veranlassung zu 
geben. Häufiger und weitaus wichtiger sind jedoch die im Spätstadium 
einsetzenden Formen der Hirnsyphilis, zu denen wir auch die Dementia 
paralytica zu rechnen haben. (Siehe dort!) 
So lange wir noch bei Fehlen einwandfreier körperlicher Zeichen 
die Tatsache stattgehabter syphilitischer Ansteckung nur aus den eigenen 
Mitteilungen des zu Begutachtenden erfahren konnten, war das Ergebnis 
solcher Nachforschung stets unsicher. Nichtwissen durch Vergesslichkeit 
und Gleichgültigkeit, häufiger aber bewusstes Ableugnen trübten die Zu- 
verlässigkeit der Auskunft. Heute ermöglicht der positive Ausfall der 
Wassermannschen Blutprobe eine zuverlässige Feststellung des 
Sachverhalts. Indessen schliesst negativer Wassermann noch nicht die 
Möglichkeit früher durchgemachter Syphilis aus. 
Der Sachverständige sollte sich in jedem Begutachtungs- 
falle die Frage vorlegen, ob angeborene oder erworbene 
Syphilis im Spiele sein kann, und bei vorhandenen Ver- 
dachtsgründen die Vornahme der Blutprobe anstreben. 
Allerdings besagt der blosse Nachweis von Syphilis niemals, dass des- 
halb geistige Störung angenommen werden darf. Allein auf beobachtete 
seelische Veränderungen kann durch solche Feststellung ein neues Licht 
geworfen werden. Gründliche neurologische Untersuchung mag durch 
Aufdeckung organischer Veränderungen am Zentralnervensystem weitere 
Anhaltspunkte für die Annahme eines fortschreitenden Gehirnleidens er- 
geben. Bedeutungsvoller als der positive Ausfall der Wassermannschen 
Reaktion im Blute ist immer das Bestehen der gleichen Reaktion in der 
durch Lumbalpunktion gewonnenen Rückenmarksflüssigkeit. 
Gelegentlich können, wie es scheint, alle körperlichen Merkmale 
eines gehirnsyphilitischen Prozesses dauernd fehlen und dennoch neben 
mannigfachen nervösen Beschwerden hysteriforme Erregungen, Schlaf- 
sucht, Nachlassen der geistigen Fähigkeiten in ihrer Gesamtheit, selbst 
vereinzelte Halluzinationen und Neigung zur Wahnbildung sich bemerkbar 
machen. Wegen des möglichen starken Schwankens dieser Zustände 
bietet ihre Beurteilung grosse Schwierigkeiten. Am greifbarsten erweisen 
sich noch epileptiforme Schwindel- und Krampfanfälle mit krank- 
hafter Reizbarkeit und gelegentlichen Aufregungs- oder Verwirrtheits- 
zuständen. In anderen Fällen haben wir mehr das Bild einer blossen 
reizbaren Nervenschwäche vor uns und werden, falls ernstere Symptome 
dauernd fehlen, auch unsere Begutachtung wie in einem Falle von Neur- 
asthenie einzurichten haben. (S. 221.) 
Lit. vergl 178: 
392 is
	        
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