Full text: Kurzgefasstes Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für Mediziner und Juristen

Infektionskrankheiten. Kopfverletzungen. 
6. Andere Infektionskrankheiten. 
Nach schweren akuten Infektionskrankheiten, zumal nach Typhus 
können geistige Schwächezustände, nervöse Reizbarkeit, auch 
epileptische Erscheinungen zurückbleiben. Mitunter wird eine früher 
nicht vorhandene Widerstandsunfähigkeit gegen Alkohol und Neigung 
zur Entwicklung krankhafter Rauschformen beobachtet. 
Weniger Bedeutung für den gerichtlichen Sachverständigen hat im 
allgemeinen die Tatsache, dass im Verlaufe solcher Infektionskrank- 
heiten ausgesprochene Geisteskrankheiten mannigfacher Art, am häufig- 
sten Delirien und. Amentiabilder, auftreten. Hier liegt der Zusammen- 
hang zu klar zutage. Höchstens dürften solche Fälle forensisches In- 
teresse gewinnen, in welchen die erste Entwickelung der geistigen Störung 
dem offenen Ausbruche der körperlichen Krankheit voraufging und: gleich 
zu verkehrten Handlungen Veranlassung gab. Doch handelt es sich hier 
immer nur um eine ganz kurze Frist von Stunden bis Tagen. 
Wichtiger ist schon die Tatsache, dass auf dem Boden mehr 
chronisch verlaufender Infektionen, wie Tuberkulose, alter Malaria 
sich mit der Zeit geistige Störungen entwickeln können. Namentlich 
bei vorgeschrittener Lungenschwindsucht beobachtet man nicht selten 
ausgesprochene seelische Veränderungen: Reizbarkeit, Eigensinn mit 
völliger Einsichtslosigkeit für den eigenen Zustand, erhöhte geschlecht- 
liche Erregbarkeit, plötzliche Stimmungsschwankungen bei vorherrschender 
Euphorie stehen im Vordergrunde. Es stellen sich aber auch wohl 
richtige Erregungs- und Verwirrtheitszustände ein, die schliesslich als 
Delirien oder Amentia in der letzten Zeit vor dem Tode dauernd be- 
stehen können. 
Bei der Malaria haben wir eigentliche Delirien mehr während der 
akuten Fieberanfälle, dagegen überwiegen im Zustande des chronischen 
Paludismus oder der Malaria-Kachexie depressive Bilder, ferner energie- 
loses, apathisches Wesen, Nachlassen des Gedächtnisses, 
Auf die Folgen der Schlafkrankheit braucht bei ihrer geringen 
Bedeutung für unsere Breiten hier nicht eingegangen zu werden. Da- 
gegen sei kurz erwähnt, dass ausser den Infektionskrankheiten auch 
jedes erschöpfende körperliche Leiden, besonders die Krebskachexie, ge- 
legentlich zum Auftreten deliriöser Bewusstseinstrübungen Anlass gibt. 
Vor allem für die Frage der Testierfähigkeit eines Erblassers, der im 
Verlaufe einer derartigen, zum Tode führenden Krankheit sein Testament 
errichtet hatte, sind diese Verhältnisse von Bedeutung. 
Kit. 178: 
7. Kopfverletzungen. 
Über die traumatischen Geistesstörungen und über die sogenannte 
traumatische Neuropsychose ist im speziellen Teile auf das Wesentliche 
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