Depressiv-hypochondrischer Symptomenkomplex. LLL
Der Hypochonder hat fortgesetzt die merkwürdigsten
Sensationen und deutet sie in ausgesprochen wahnhafter
Weise, indem er sich zu diesem Zwecke gewissermassen eine eigene
Anatomie und Physiologie schafft. Er berichtet z. B. mit vollster Über-
zeugung, sein Kleinhirn sei geschwollen, er habe die Krätze innerlich,
so dass sie nur zu fühlen, nicht zu sehen sei; er habe einen Frosch im
Magen, der vermutlich durch Verunreinigung des Trinkwassers mit Frosch-
leich hineingeraten sei, und. dergl. mehr. Die Art der Ideen, ihre
Deutungen entsprechen dem jeweiligen Grade von Bildung und Intelligenz.
Es erregt Verdacht auf eine sich entwickelnde geistige Schwäche, wenn
ganz phantastische Angaben gemacht werden wie, der Kopf sei aus Glas,
der Hals aus Holz, alle Eingeweide verbrannt, der Magen verschwunden,
so dass die Nahrung gleich in die Beine falle, die Nase sei gerutscht,
die Glieder abgefault usw.
Die Stimmung ist vorherrschend niedergeschlagen, doch auch
unzufrieden, misstrauisch, gereizt. Gelegentlich berichtet der Hypo-
chonder sogar mit einem gewissen Triumphe über seine vermeintlichen
Beobachtungen am eigenen Körper, bewundert vor dem Spiegel sein
eigenes Leidensgesicht, weint dann wieder voll Mitleid mit sich selbst.
Er liest gern und viel über Krankheiten nach, spricht nur von seinem
Zustande, hat für nichts anderes mehr Interesse, geht von Arzt zu Arzt,
will fortwährend untersucht werden, führt aber eine ihm verordnete Kur
selten durch, weiss vielmehr alles besser.
Vielfach wird er durch seine krankhaften Empfindungen und Vor-
stellungen zu den absonderlichsten Massnahmen und Ange-
wohnheiten veranlasst, und verfolgt eine ganz unsinnige Lebensweise.
Dahei fällt aber auf, dass interkurrente körperliche Erkrankungen selbst
schwerer Art verhältnismässig wenig Beachtung finden, während durch
seine wahnhaften Beschwerden fortgesetzt die übertriebensten Klagen aus-
gelöst werden. Die angeblich peripheren Sensationen dürften in der
Hauptsache als rein zen tral bedingte, den Halluzinationen nahestehende
Vorgänge aufzufassen sein. Es handelt sich überhaupt bei der Hypo-
chondrie um eine der paranoiden Wahnbildung verwandte Erkrankung.
Man kann bisweilen geradezu von einem fixierten hypochondrischen
Wahnsystem reden. Mischungen mit Verfolgungsideen, indem die
vermeintlichen Beschwerden auf fremde Beeinflussungen zurückgeführt
werden, sind häufig.
Der Hypochondrische zeigt eine trübe, abweisende, auch wohl miss-
trauische Miene, doch in der Regel durchaus kein gedrücktes, eher eın
selbstbewusstes Gebahren. Er sitzt meist untätig umher, wenn er sich
nicht gerade mit irgend einer Behandlung seines vermeintlichen Leidens
beschäftigt. Um ihn beredt zu machen, braucht man nur auf dieses