Full text: Kurzgefasstes Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für Mediziner und Juristen

Simulation, , 
vor. Man muss sich daher die Mühe machen, die Richtigkeit jedes 
Geständnisses nachzuprüfen, indem man den Betreffenden näher berichten 
lässt, wieso er simuliert. haben will, was er absichtlich vorgeführt, und 
wie sich die Sache in Wirklichkeit verhalten habe. Die einzelnen An- 
gaben sind an der Hand der Akten zu kontrollieren. 
Vielfach zeigt es sich, dass Simulanten ein ganz bestimmtes System 
verfolgen, ja dass ihr Betragen in verschiedenen Fällen ganz merk- 
würdig übereinstimmt. Man hat geradezu eine Einteilung der haupt- 
sächlichsten Simulationsformen vorgenommen. Besonders oft sind Bilder 
von Blödsinn, dann leichte Depression und Stupor, paranoische 
Zustände und Erregungen. 
Viel häufiger wie reine Simulation ist die Vermischung gewollter 
Übertreibung nicht nur mit einzelnen Zügen psychopathischer Ver- 
anlagung sondern auch mit ausgesprochen psychotischen Erscheinungen, 
zumal hysterischer Natur. Der Kriminelle arbeitet sich bisweilen geradezu 
ın eine Art Geistesstörung hinein! Man hat daher wohl von einer 
Simulationspsychose gesprochen. Hatte er schon früher eine 
richtige Haftpsychose durchgemacht, wird ihm die Erinnerung daran 
nützlich sein. Die damaligen Einbildungen werden jetzt neu verwendet. 
Etwa wirklich vorhandene nervöse Beschwerden werden in den Vorder- 
grund gerückt und masslos übertrieben. 
Gelegentlich mag es da Erfolg versprechen, wenn man dem Über- 
treiber energisch klar macht, dass er mit solchen Mätzchen nichts er- 
reicht und nur seine Lage verschlimmert. Vielleicht wird er durch 
solche kräftige Gegensuggestion aus seinem Einspinnen in eine 
Simulationspsychose noch herausgerissen. Nur muss man auch seiner 
Sache sicher sein. Zu diagnostischen Zwecken ist dieses Vorgehen nicht 
zu empfehlen, ebensowenig wie die früher beliebten heroischen Gewalt- 
mittel. Hat man nicht gleich den gewünschten Erfolg, erhebt sich die 
peinliche Frage, wieweit man gehen darf, und jedes Schwanken gibt 
dem Gegner neue Hartnäckigkeit. 
Besser ist immer der andere Weg, dass man seinen Argwohn nicht 
zeigt, dem zu Untersuchenden gleichmässig freundlich entgegentritt und 
seine Zeit abwartet. Dann wird der in Sicherheit gewiegte Explorand 
sich viel leichter durch eine Unvorsichtigkeit verraten. Man sammle 
ruhig alles Material, bis es zur Begutachtung genügt. Durch hinge- 
worfene Bemerkungen, dass die oder die Erscheinung im Krankheits- 
bilde fehle, lassen sich manchmal beliebige neue Symptome suggerieren. 
Gelegentliche ironische Äusserungen des Arztes machen dann den Simulanten 
unsicher. Schliesslich kann ruhiges Auseinandersetzen der Aussichts- 
Jlosigkeit des durchsehauten Versuches und wohlwollender Rat sich mit 
den Tatsachen abzufinden, Aufgeben der Täuschung herbeiführen. Bleibt 
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