Full text: Kurzgefasstes Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für Mediziner und Juristen

Beispiel für Simulation. 37 
Frage komme; sondern höchstens eine Hafterkrankung, und dass er 
dann unnütz seine Zeit verliere, gab er die Sinnestäuschungen und Wahn- 
ideen ganz auf, räumte ein, dass seine früheren Erzählungen vielleicht auf „Träumen“ 
beruht hätten. Betrug sich nun dauernd geordnet und antwortete auch wieder bei 
den Vernehmungen sachgemäss. Die körperliche Untersuchung ergab keine Ab- 
weichungen, 
Im Gutachten wurde darauf hingewiesen, dass eine chronische Geisteskrank- 
heit, die auch zur Zeit der Strafhandlungen vorgelegen hätte, sicherlich nicht in 
Betracht komme. Die Verlogenheit des Menschen, wie sie sich in seiner Darstellung 
seines Verhältnisses zu dem von ihm verführten und ins Unglück gestürzten Mädchens 
äussere, lasse gewiss sehr an die Möglichkeit bewusster Simulation oder wenigstens 
Übertreibung denken. Doch sei erfahrungsgemäss bei solchen psychopathischen Ver- 
brechernaturen auch mit dem tatsächlichen Auftreten flüchtiger degenerativer Wahn- 
bildung in der Haft zu rechnen, Nicht immer seien es echte Sinnestäuschungen, die 
da eine Rolle spielten. Auch lebhafte Träume und flüchtige wahnhafte Einfälle 
würden beobachtet, die gelegentlich zu phantastischer Ausdeutung und Weiterver- 
arbeitung führen könnten, Die von H. geklagten nervösen Beschwerden, die nicht 
selten in der Haft sich geltend machten, dürften teilweise als Grundlage seiner 
Empfindung der Schlange im Kopfe usw. dienen, Da unter der psychischen Behand- 
lung alle Erscheinungen rasch zurückgetreten seien, so liege kein Grund vor, die 
Haft- und Verhasdlungsfähigkeit mehr anzuzweifeln. Der $ 51 St.G.B. sei auf 
keinen Fall anwendbar. 
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