Full text: Kurzgefasstes Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für Mediziner und Juristen

Dementia paranoides. 
Erkrankung, Besuch von Angehörigen) zu lösen, kehrt aber meist bald 
wieder. Interkurrente Erregungszustände werden beobachtet. 
4. Paranoide Form: Entweder nach einem depressiven Vor- 
stadium oder ziemlich plötzlich treten zahlreiche Sinnestäuschungen und 
Verfolgungs- auch Grössenideen auf und scheinen ein System bilden zu 
wollen. Hypochondrischer Einschlag ist meist vorhanden. Vielfach be- 
steht der Wahn, die Gedanken würden durch eine fremde Macht beein- 
flusst. Sehr bald fallen die zunehmende Zerfahrenheit des Gedanken- 
ganges, die Abstumpfung von Interesse und Initiative auf, während sich 
deutliche katatone Erscheinungen (Negativismus, Stereotypien, Stupor, im- 
pulsive Erregung) bemerkbar machen. Die Wahnvorstellungen scheinen 
mit der Zeit zurückzutreten, werden wenigstens nur gelegentlich und 
ohne Affekt geäussert. Sprachverwirrtheit und Mutismus erschweren 
aber die Exploration. Oft kommt es zu einer völligen Abkapselung 
gegen die Aussenwelt. 
5. Die Katatonie in Schüben (zirkuläre Form) zeichnet sich da- 
durch aus, dass die Erkrankung zunächst in einzelnen Anfällen mit 
längeren freien Zwischenzeiten auftritt. Doch bedeuten diese keine 
Heilung, vielmehr bleibt jedesmal eine immer schwerer werdende Schä- 
digung zurück, bis sich schubweise eine deutliche Verblödung entwickelt. 
Die Ähnlichkeit mit dem manisch-depressiven Irresein ist daher nur eine 
äusserliche und gibt höchstens im Beginne zur Verwechselung Anlass. 
In der Hauptsache folgen sich erregte und stuporöse Bilder. Die ersteren 
können von heiterer Verstimmung läppischer Art begleitet sein. 
Einwandfreie körperliche Zeichen der Katatonie gibt es nicht. 
Die gelegentlichen Pupillenveränderungen und die Ergebnisse der Abder- 
haldenschen Dialysiermethode sind für forensische Zwecke noch nicht 
verwendbar. Beachtenswert ist, dass öfters epileptiforme und hysteri- 
forme Anfälle und kollapsartige Zustände beobachtet werden. Ausheilung 
scheint im Anfange des Leidens vorzukommen. Etwa ein Viertel der 
Fälle verblödet nicht, sondern der Prozess bleibt auf einem Stadium 
leichter geistiger Schwäche stehen, so dass man praktisch von einer 
Art Genesung reden darf. Freilich ist die Gefahr neuer Krankheits- 
schübe nie auszuschliessen. Andererseits vermag auch eine scheinbar 
schon vorgeschrittene Demenz noch nach Jahren überraschende Besse- 
rung zu erfahren. 
3. Dementia paranoides. 
Die Erkrankung ähnelt im Beginne einer Paranoia oder Para- 
phrenie, zeigt nur in der Regel einen weit schnelleren Ausbruch. Die 
Wahnbildung ist eine ungemein reichliche und nimmt sehr rasch höchst 
abenteuerliche Formen an: Beziehungswahn, Verfolgungs- und Grössen- 
ideen, Sinnestäuschungen, Erinnerungsfälschungen werden in grosser Zahl 
vorgebracht. Meist herrscht eine lebhafte Erregung mit Bewegungsun- 
ruhe. Die verworrenen sprachlichen Ausserungen und die grosse Neigung 
zum Verbigerieren, zum Bilden neuer, höchst sonderbarer Worte, die 
triebhaften Erscheinungen und Manieren und die zunehmende Zerfahren- 
heit des Gedankenganges mit deutlicher Urteilsschwäche lassen bald das 
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