Epileptische Geistestörungen.
2. Dämmerzustände: Die Kranken bewegen sich gewissermassen
auf der Grenze von Bewusstseinshelle und Verwirrtheit. Der verblüffende
Gegensatz zwischen ihren äusserlich geordneten, gleichgültigen Hand-
Jungen und ihren überraschend hervorbrechenden Verkehrtheiten ist auf
Seite 157 ausführlich beleuchtet worden.
3. Delirien und Verwirrtheit wurden auf Seite 150 bereits
besprochen. Ihre Erkennung als Geistesstörung bereitet wegen der
Schwere der Bewusstseinstrübung mit Zerfall der Vorstellungsreihen und
triebhafter Unruhe weniger Schwierigkeiten. Höchstens werden stuporöse
Zustände von Zeugen übersehen.
- In den meisten Fällen von genuiner Epilepsie bildet sich mit der
Zeit, bald früher und bald später, ein deutliches Nachlassen der geistigen
Fähigkeiten zusammen mit einer eigentümlichen Charakterdegeneration
aus, wie das als epileptische Demenz auf Seite 177 geschildert
worden ist. Die anfängliche nervöse Schwäche mit Neigung zu hypo-
chondrischer Selbstbetrachtung steigert sich zu misstrauischer Reizbar-
keit, unyverträglichem Eigensinn, Selbstsucht, boshafter Klatschneigung.
Die zuerst nur nach Anfällen bemerkbare Erschwerung des Denkens
und der Erinnerung setzt sich dauernd als geistige Unbeholfenheit mit
pedantischer Umständlichkeit und hochgradiger Vergesslichkeit fest. Nur
ausnahmsweise erfolgt der Tod im epileptischen Anfalle.
Angaben der Vorgeschichte, welche für Epilepsie sprechen,
sind: Krämpfe und häufiges nächtliches Aufschreien in der Jugend,
Bettnässen, wiederholte Ohnmachten, Schwindelanfälle ohne greifbare
Veranlassung, periodische Verstimmungen, Schlafwandeln oder Heraus-
fallen aus dem Bette mit Erinnerungsverlust; ferner können zahlreiche
Narben, deren Herkunft der Betreffende nicht recht erklären kann, und
Zungennarben (nicht Zahneindrücke!) von Bedeutung sein. Mit der
Einschätzung der kleinen Anfälle sei man vorsichtig, da ähnliche Bilder
(auch gehäuft!) bei Hysterischen vorkommen und anamnestisch schlecht
abzutrennen sind.
Die Strafhandlungen der Epileptiker erstrecken sich in erster
Linie auf alle Arten der Gewalttätigkeit, Bedrohung und Beleidigung,
Brandstiftung. Schon ihre Strafliste kann ausserordentlich charakte-
ristisch sein. Auch wenn keine der beschriebenen transitorischen Be-
wusstseinsstörungen vorgelegen hat, bleibt die krankhafte Reizbarkeit zu
beachten und die oft nachweisbare Widerstandsunfähigkeit gegen Alkohol.
Unter den möglichen Sittlichkeitsdeliken spielt der Exhibitionismus
(Seite 205) eine hervorragende Rolle. Die Vergesslichkeit und Lügen-
haftigkeit vieler Epileptiker ist bei Wertung ihrer Zeugenaussagen zu
berücksichtigen. (Seite 28.)
Lit. Nr. 6, 16, 19, 46, 91. 100, 147, 152, 220, 223, 273, 296,
304, 306, 328, 340.
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