Full text: Kurzgefasstes Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für Mediziner und Juristen

Dementia_ senilis, 
lässt sich höchstens sagen, dass er später infolge seines geistigen Rück- 
ganges immer skrupelloser und leichtsinniger zu Werke gegangen sei. 
Die Möglichkeit lebhafter Schwankungen des Zustandes kommt, vor 
allem bei Beantwortung aller zivilrechtlichen Fragen in Betracht. 
Die Angehörigen sind auf die Gefahr unzweckmässiger Geschäftsgebarung 
aufmerksam zu machen, da sie sonst den Umfang des geistigen Nicht- 
könnens lange übersehen. (Beispiel 28, S. 185.) 
Lit. vgl. Nr. 98, 213, 226. 
Dementia senilis. 
Der Greisenblödsinn stellt einen Altersschwund des Gehirns dar 
und entwickelt sich demgemäss in der Regel erst vom 7.—8. Lebens- 
jahrzehnt ab. Schlagaderverhärtung bildet keine notwendige Voraus- 
setzung, ist aber meist gleichzeitig vorhanden. Wie weit erbliche Ver- 
anlagung eine Rolle spielt, ist nicht ganz aufgeklärt. Es gibt auch eine 
seltenere präsenile Demenz, die bereits im 5.—6. Dezennium hervor- 
treten kann. 
Nervöse Klagen über Kopfschmerz, Schlaflosigkeit, Schwindelgefühl, 
Ohnmachten mögen manchmal das sichtbare Hervortreten des Leidens 
einleiten, doch liegt der eigentliche Beginn weiter zurück und verflicht 
sich untrennbar mit den gewöhnlichen Beschwerden des Greisenalters. 
Dessen übliche Merkmale erfahren allmählich eine krankhafte Steigerung: 
Verlust der früheren Regsamkeit, Erschwerung des Denkablaufes, Unzu- 
verlässigkeit des Gedächtnisses wandeln sich zu stumpfer Interesse- 
Josigkeit, kindischer Urteilsschwäche, Merkunfähigkeit 
mit wachsenden Erinnerungsausfällen. Egoistischer Eigensinn verzerrt 
sich zu boshafter Herrschsucht mit Reizbarkeit, die keinen Widerspruch 
verträgt und gleich mit masslosen Zornausbrüchen antwortet. . 
Auch das Anstands- und Ehrgefühl stumpfen sich ab, so dass 
auftauchenden Gelüsten und Trieben hemmungslos nachgegeben wird. 
Der Kranke wird unsauber mit Kot und Urin, benimmt sich unappetit- 
lich beim Essen, zeigt laszive Neigungen und begeht Exzesse in Baccho 
et Venere. Zu dieser fortschreitenden Demenz können sich die ver- 
schiedensten Erscheinungen geistiger Störung hinzugesellen. 
Bald vertieft sich die verdriesslich weinerliche Stimmung bis zur 
ängstlichen (S. 102) oder hypochondrischen (S. 110) Niedergeschlagenheit 
mit Versündigungs- und Verarmungsideen, mit monotonem Jammern und 
triebartiger Unruhe. Bald bildet sich heitere Vielgeschäftigkeit und 
endlose Geschwätzigkeit von fast manischer (S. 115) Färbung aus und mit 
unleidlicher Reizbarkeit. Vorübergehende Verwirrtheitszustände mit 
zahlreichen Halluzinationen und deliriöse Episoden können sich ein- 
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