Verwahrung wegen Gemeingefährlichkeit. 3
„L. H. ist während des Strafvollzuges an einer schweren Geisteskrankheit
(Katatonie) erkrankt. Vermutlich hat eine angeborene Veranlagung bestanden,
Zeichen geistiger Störung scheinen bereits vor Beginn der Strafhaft beobachtet zu
sein. Der eigentliche Ausbruch der Krankheit ist aber erst im Gefängnis erfolgt.
Durch die Behandlung in der Klinik ist es gelungen, eine weitgehende Besserung
zu erzielen, so dass Hoffnung auf dauernde Genesung gegeben ist. Indessen besteht
dringende Gefahr, dass durch Rückverbringung in den Strafvollzug ein Rückfall des
Gemütsleidens mit schliesslichem Ausgange in Verblödung herbeigeführt werden kann“.
Gegen die grundsätzliche Durchführung einer allgemeinen Anrech-
nung jeden Krankenhausaufenthaltes auf die Strafzeit lässt sich aller-
dings anführen, dass durch eine solche Massregel voraussichtlich die
Häufigkeit psychogener Hafterkrankungen erheblich vermehrt und die
Aussichten ihrer Abheilung vor Ablauf der Strafzeit verschlechtert
werden würden. Denn es besteht kein Zweifel, dass der Aufenthalt
in einer modernen Irrenanstalt dem Gefängnisse ganz bedeutend vor-
gezogen wird.
Erwähnt sei, dass ebenso auch bei Untersuchungsgefangenen, die
zur Behandlung psychiatrischen Anstalten überwiesen werden, meist
sehr schnell aus fiskalischen Gründen Aufhebung des Haftbefehls er-
folgt; ist ihre Erkrankung beseitigt, wird von neuem Haftbefehl er-
lassen.
Lit. Nr. 8, 92; 141, 164, 191 194; 240, 271:
Verwahrung gemeingefährlicher Geisteskranker.
Die Frage nach der Anstaltsbedürftigkeit hat an sich nichts mit
den Begriffen der Zurechnungsfähigkeit oder Geschäftsfähigkeit zu tun,
regelt sich vielmehr nach der durch ärztliche Untersuchung festzustel-
lenden Gemeingefährlichkeit oder Pflegebedürftigkeit eines Geistes-
kranken. Reichsgesetzliche Bestimmungen über die Anstaltsbedürftig-
keit bestehen nicht. Nur in einzelnen Bundesstaaten hat eine teil-
weise Regelung stattgefunden. In Preussen bleibt es Sache der Polizei,
die ja allgemein für die öffentliche Ordnung und Sicherheit die Sorge
trägt, in erforderlichem Falle eine sachverständige Begutachtung durch
den zuständigen Arzt herbeizuführen und die etwa von diesem für
notwendig erklärte Unterbringung in geschlossener Anstalt zu veranlassen.
Der Richter, welcher nach $ 51 St.G.B. wegen krankhafter Stö-
rung der Geistestätigkeit freispricht, hat es bisher nicht in der Hand,
gleichzeitig über die weitere Verwahrung des gemeingefährlichen
Menschen Bindendes zu verfügen. Die Staatsanwaltschaft muss recht-
zeitig die Polizei benachrichtigen, damit der durch Gerichtsbeschluss
ausser Verfolgung gesetzte Verbrecher nicht sogleich wieder auf die
Öffentlichkeit lossgelassen wird. Auch in Fällen, wo es sich nur um
eine vorübergehende Psychose zur Zeit der Begehung der Tat gehandelt
hatte (Dämmerzustand, pathologischer Rausch, epileptische Tobsucht
u. dergl.), wird sich hier der Sachverständige auf Befragen für Vor-
liegen von Gemeingefährlichkeit aussprechen müssen, wenn jederzeit
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