Full text: Kurzgefasstes Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für Mediziner und Juristen

Antrag auf Entmündigung. 9 
anwalt am vorgesetzten Landgericht zur Stellung des Antrags befugt 
($ 646 Z.P.O.). 
Der Antrag kann beim Amtsgerichte schriftlich eingereicht oder 
seinem Gerichtsschreiber zu Protokoll gegeben werden und soll eine 
Angabe der ihn begründenden Tatsachen, sowie die Bezeichnung der 
Zeugen dafür enthalten (8 647 Z.P.O.). Zweckmässig wird auch sogleich 
ein vorläufiges ärztliches Zeugnis vorgelegt, da der Richter die KEin- 
leitung der Entmündigung von der Beibringung eines solchen abhängig 
machen kann (S$ 649 Z.P.O.). 
Dieses Zeugnis, das lediglich dem Entmündigungsrichter als 
Unterlage für die Einleitung des Entmündigungsverfahrens dienen soll, 
um aussichtslose und missbräuchliche Anträge einzuschränken, kann kurz 
sein und nur zum Ausdruck bringen, dass die betreffende Person geistes- 
gestört ist und sich für die Entmündigung eignet. Alles Nähere wird 
erst. später im Laufe des Verfahrens durch Zeugenerhebungen, Ver- 
nehmung des Patienten und des Sachverständigen festgestellt. Dann 
erfolgt das ausführliche Gutachten. Man vermeide daher, sich im vor- 
läufigen Zeugnisse auf den Unterschied „geisteskrank“ oder „geistes- 
schwach“ festzulegen. In der Regel genügt schon etwa folgende Fassung: 
„Zur Vorlage beim Amtsgerichte bescheinige ich behufs Einleitung des Ent- 
mündigungsverfahrens, dass ich den N. N., geboren in X. am ...., in meiner 
Sprechstunde am ..... untersucht habe. Derselbe ist geistesgestört und er- 
scheint zur Entmündigung geeignet.“ 
Wenn man will, mag man auch den Schluss vorziehen: „und vermag seine 
Angelegenheiten nicht zu besorgen.“ 
Voraussetzung für Ausstellung eines solchen vorläufigen Zeugnisses 
ist immer, dass man den Kranken persönlich und zwar erst kürzlich 
untersucht hat. Lag ‚die Untersuchung schon länger zurück, ist das 
deutlich zum Ausdruck zu bringen. Der Anfänger merke sich, dass 
man gerade mit der Ausstellung des Entmündigungsattestes nicht vor- 
sichtig genug sein kann. Es ist sehr viel leichter, später im Laufe des 
Verfahrens, wenn zuverlässige Zeugenaussagen vorliegen, den Fall zu 
beurteilen als vorher, wo man sich in der Hauptsache auf oft wider- 
sprechende Angaben interessierter und aufgeregter Angehöriger stützen 
muss und keine Möglichkeit besitzt, sogleich zu übersehen, wieweit 
Übertreibungen eine Rolle spielen. Es geschieht nämlich nicht so ganz 
selten, dass durchaus unbegründete Entmündigungsanträge gestellt 
werden, um bei Erbschafts- oder anderen Rechtsstreitigkeiten die eine 
Partei auszuschalten; ausnahmsweise wohl auch im Einverständnisse mit 
dem zu Entmündigenden, um ihm auf diesem Umwege in einem schwebenden 
Strafverfahren die Vorteile des $ 51 St.G.B. (Unzurechnungsfähigkeit 
s. S. 2) zu verschaffen. Häufiger noch liegen zwar ‚allerlei Momente 
vor, die tatsächlich eine Entmündigung vielleicht wünschenswert erscheinen 
Da 
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