Full text: Kurzgefasstes Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für Mediziner und Juristen

D Anstaltsbeobachtung. 
her schweigend zugehört hatte, auf, nun seinerseits Fragen zu stellen. 
Es ist daher immer zweckmässig, wenn dieser vorher die Akten ein- 
gesehen hat. 
Dem Sachverständigen fällt dann ‚die Aufgabe zu, durch seine 
Unterhaltung mit dem zu Entmündigenden schnell ein möglichst klares 
Bild des Falles zu entwickeln. Dabei halte er darauf, dass die Ant- 
worten wortgetreu mitgeschrieben werden. Es geht nicht an, ‚dass 
der Richter hinterher aus dem Gedächtnis eine zusammenfassende Dar- 
stellung der Äusserungen eines Kranken gibt. Gerade das für den Fall 
Charakteristische geht dabei völlig verloren. 
In recht einfach liegenden Fällen, z. B. bei der Entmündigung 
alter Anstaltsinsassen, mag der Sachverständige wohl imstande Sein, 
sofort im Termin sein Gutachten in die Akten zu diktieren. Vor- 
sichtiger aber ist es und sollte bei irgendwie verwickelter Sachlage 
stets geschehen, dass der Sachverständige sich die Akten ausbittet und 
in aller Ruhe daheim das Gutachten ausarbeitet. (Siehe S. 39.) 
c) Anstaltsbeobachtung. 
Haben die Zeugenvernehmungen, Vorbesuche und Termin nicht 
genügt, ein hinreichend klares Bild zu schaffen, oder hat sich der zu 
Entmündigende hartnäckig jeder Untersuchung und Vernehmung ent- 
zogen, so mag es geschehen, dass der Sachverständige sich ausserstande 
sieht, ein abschliessendes Gutachten ohne Anstaltsbeobachtung zu er- 
statten. Es kann dann die Einweisung zur Beobachtung auf den Geistes- 
zustand nach $ 656 Z.P.O. erfolgen, welcher lautet: 
„Mit Zustimmung des Antragstellers kann das Gericht an- 
ordnen, dass der zu Entmündigende auf die Dauer von höch- 
stens 6 Wochen in eine Heilanstalt gebracht werde, wenn 
dies nach ärztlichem Gutachten zur Feststellung des Geistes. 
zustandes geboten erscheint und ohne Nachteil für den Ge- 
sundheitszustand des zu Entmündigenden ausführbar ist. Vor 
der Entscheidung sind die im S 646 hegeichneten Personen so- 
weit tunlich, zu hören. 
Gegen den Beschluss, durch welchen die Unterbringung angeordnet wird, 
steht dem zu Entmündigenden, dem Staatsanwalt und binnen der für den zu 
KEntmündigenden laufenden Frist. den sonstigen im $ 646 bezeichneten Personen 
die sofortige Beschwerde zu“, 
Eine solche Einweisung darf auch ohne vorherige richterliche Ver- 
nehmung vorgenommen werden. Ihre Dauer ist wie die Anstaltsbe- 
obachtung im Strafverfahren. auf 6 Wochen begrenzt. Im übrigen ent- 
hält dieser Paragraph gegenüber dem $ 81 St. P.O. (siehe S. 9), wesent- 
liche Einschränkungen. Einmal braucht die Beobachtung nicht in einer 
öffentlichen Anstalt durchgeführt zu werden, Ferner muss ausdrück- 
lich festgestellt werden, dass von einer solchen Massnahme keine Schä- 
3IQ
	        
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