Entmündigung wegen Trunksucht.
IV. Entmündigung wegen Trunksucht.
Der auf Seite 34 ausführlich mitgeteilte $ 6 B.G.B. lautete im
3. Absatze: (Entmündigt kann werden)
„3. wer infolge von Trunksucht seine Angelegenheiten
nicht zu besorgen vermag oder sich oder seine Familie der
Gefahr des Notstandes aussetzt oder die Sicherheit an-
derer gefährdet.“
Obgleich also der übermässige Hang zum Trinken, welchem der
„Süchtige“ keinen Widerstand entgegenzusetzen vermag, fraglos einen
krankhaften seelischen Zustand bedeutet, erfolgt die Entmündigung
wegen Trunksucht nach ganz anderen Gesichtspunkten, als die wegen
Geistesschwäche oder Geisteskrankheit.
Dem entspricht, dass die Zuziehung eines ärztlichen Sachver-
ständigen überhaupt nicht für erforderlich erachtet wird und tatsäch-
lich in manchen Amtsgerichtsbezirken so gut wie niemals geschieht.
Höchstens wird vielleicht der behandelnde Arzt als sachverständiger
Zeuge darüber gehört, ob er durch seine körperliche Untersuchung An-
haltspunkte für die Annahme gewohnheitsmässigen schweren Trinkens
gewonnen habe, oder ob sicher durch Alkoholvergiftung entstandene
Krankheiten wie Delirium tremens, Alkoholhalluzinose usw. von ihm
beobachtet worden sind.
Sehr viel seltener schon werden Fragen gestellt nach dem Vor-
handensein seelischer Anzeichen für chronischen Alkoholmissbrauch wie
Vergesslichkeit, Einsichtslosigkeit, Reizbarkeit mit Neigung zu unyer-
hältnismässigen Zornausbrüchen u. dgl.
Das Vorliegen der 3 Voraussetzungen einer Entmündigung wegen
Trunksucht, wie sie der $ 6 B.G.B. anführt, wird im allgemeinen
durch den Richter und lediglich auf dem Wege der Zeugenvernehmung
festgestellt. Namentlich die Fragen, ob der Trunksüchtige sich oder
seine Familie der Gefahr des Notstandes aussetzt oder die Sicherheit
anderer gefährdet, werden in der Regel allein auf diese Weise geklärt,
lassen sich ja auch vielfach schon durch Laien erschöpfend beantworten.
Freilich mag es andererseits genug Fälle geben, wo der Richter durch
die Geringfügigkeit des bisher nachweisbaren Schadens zu einer zu
leichten Auffassung der Sachlage verleitet wird, während ihn der
psychiatrische Sachverständige auf die drohenden Gefahren hätte auf-
merksam machen können.
Man sollte vielleicht meinen, der Psychiater sei wenigstens be-
rufen, sein Urteil darüber abzugeben, ob der Trinker seine Ange-
legenheiten zu besorgen vermag. Allein es ist zu bedenken, dass
hier dieser Ausdruck nicht ganz dasselbe bedeuten kann, wie bei der
Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche. Denn
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