$$ 104 u. 105 B.G.B.
Blinde untergebracht werden müssen, damit nicht ohne weiteres aus der
Fürsorgeerziehung herausfallen.
Über die beste Art der Unterbringung schwer erziehbarer Psycho-
pathen, ob in besonderen Psychopathenheimen oder in blossen Adnexen
unserer Irrenanstalten, gehen zur Zeit noch die Ansichten auseinander.
Fortschrittlichere Ausgestaltung unserer Erziehunganstalten wird an sich
schon manche der heutigen Schwierigkeiten beseitigen.
Lit, Nr. 2; 78, 90, 161
b) Vorübergehende Zustände von Aufhebung der Geschäftsfähigkeit.
Nicht nur durch ausgebildete Psychosen, welche dann zur Einleitung
der Entmündigung oder zur Einsetzung einer Pflegschaft Veranlassung
geben, kann die Geschäftsfähigkeit einer Person beeinträchtigt werden,
sondern auch durch rasch vorübergehende Zustände von Bewusstseins-
störung der verschiedensten Art. Das am leichtesten verständliche Bei-
spiel bietet der Rausch: Wer im Zustande sinnloser Trunkenheit sich
zu einer Unterschrift hat bereden lassen, kann hernach einwenden, er
habe nicht gewusst, was er tat, und fühle sich daher durch seine ihm
zu Unrecht entlockte Unterschrift nicht gebunden.
Die in Betracht kommenden 88 104 u. 105 B.G.B. wurden bereits
auf Seite 32 ausführlich mitgeteilt. Von beiden berührt uns vor allem
der Abschnitt 2.
Im S 104 wird gleich dem Minderjährigen unter 7 Jahren und
dem wegen Geisteskrankheit Entmündigten auch derjenige für ge-
schäftsunfähig erklärt, der „sich in einem die freie Willensbestim-
mung ausschliessenden Zustande krankhafter Störung der Geistes-
tätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein
vorübergehender ist‘. Ergänzend fügt dann der S$ 105 hinzu, dass
nichtig nicht nur die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen
ist, sondern auch eine ‚Willenserklärung, die im Zustande der Be-
wusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit ab-
gegeben wird“.
Vom psychiatrischen Standpunkte gesehen, dürfte die in den beiden
$8 104 u. 105 vorgenommene Trennung der länger dauernden und rasch
vorübergehenden Zustände geistiger Störung überflüssig erscheinen. Will
man freilich der Geschäftsunfähigkeit eines Minderjährigen unter 7 Jahren
und eines wegen Geisteskrankheit Entmündigten entsprechende krank-
hafte Veränderungen der Geistesverfassung an die Seite stellen, so kann es
sich nur um solche durch Psychose oder Demenz verursachte Störungen
handeln, die eben nicht vorübergehender Natur sind. Bei ihnen be-
deutet der Zusatz, dass die freie Willensbestimmung ausgeschlossen sein
muss, ebenso wie im S 51 St.G.B. nur, dass ein gewisser Grad der
Störung verlangt wird. (Vgl. S. 2.)
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