Full text: Wilhelm Gerhard's Gesänge der Serben

fand; und von Göthe hört doch auch heute noch jeder gute 
Deutsche gern, so sehr auch unsere Fanatiker, unsere Scholia- 
sten und unsere Alexandriner sich Mühe gegeben haben, uns 
den Geschmack an dem großen Altnieister deutscher Dichtung 
zu verderben. 
Dies vorausgeschickt, hoffe ich, der geneigte Leser wird 
mit meiner Einleitung eine Ausnahme machen und sich ent 
schließen, dieselbe zu lesen. Sie verfolgt keinen anderen Zweck, 
als ihm den Genuß an den nachfolgenden Dichtungen zu 
erhöhen. 
„Wer ist Wilhelm Gerhard?" fragt der Leser. 
Und ich wette, daß der Fragende schon selbst ein Lied 
von Wilhelm Gerhard gesungen, freilich ohne den Autor zu 
kennen, der den Text gedichtet hat. Es ist das Lied: „Auf, 
Matrosen, die Anker gelichtet!" nach der Melodie von A. 
Pohlenz. 
Es ist merkwürdig, wie der Dichter vergessen werden 
konnte, während sein vor einem halben Jahrhundert gedich 
tetes Lied noch in Aller Mund lebt. Noch merkwürdiger ist 
es, welche Umgestaltungen (Verbesserungen sind cs wohl schwer 
lich) der Text im Laufe dieses Semi-Säculnms erlitten. Es 
lohnt der Mühe, davon Kenntniß zu nehmen. Die Betrach 
tungen darüber dem geneigten Leser überlassend, stelle ich 
Gerhard's authentischen Text mit demjenigen zusammen, 
welcher sich in unseren neuesten Lieder- und Commersbüchern 
findet. 
Älter Tcrt (181!!). 
Aus! Matrosen, die Anker gelichtet, 
Segel gespannt und Kompaß ge 
richtet! 
Liebchen, Ade! 
Scheiden thut weh, 
Morgen geht's in die wogende See. 
llciicr Tcrt (1877). 
Aus Matrosen, die Anker gelichtet, 
Segel gespannt, de» Kompaß ge 
richtet! 
Liebchen, Ade! 
Scheiden thut weh! 
Morgen d a getjt'S in die wogende See
	        
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