Full text: Wilhelm Gerhard's Gesänge der Serben

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Er erzählt uns den wirklichen Hergang mit scherzhafter 
Aufrichtigkeit wie folgt: 
„Gegen das Jahr der Gnade 1827 war auch ich Ro 
mantiker. Wir sagten damals zu unseren Klassikern: Euere 
Griechen sind gar keine Griechen, Euere Römer keine Römer. 
Ihr wißt Eueren Dichtungen keine Local färbe zu geben. 
Ohne Localfarbe aber ist kein Heil für die Dichtung. Wir 
verstanden nämlich unter Localfarbe das, was man im sieb 
zehnten Jahrhundert „Sitten und Gebräuche" genannt 
hat. Aber wir waren sehr stolz auf unser neues Wort „Lo- 
calsarbe", und wir glaubten nicht nur das Wort, sondern 
auch die Sache erfunden zu haben; und was die Dichtung 
anlangt, so bewunderten wir nur noch Poesien ans fremden 
Ländern und ans alten Zeiten, wie z. B. die schottischen 
Balladen und die spanischen Romanzen vom Cid. Das 
däuchten uns die wahren Meisterwerke, und zwar immer 
wegen der „Localfarbe". Ich starb fast vor Sehnsucht, diese 
Localtöne in loco da zu studiren, wo es deren noch giebt; 
denn man findet sie bekanntlich nicht überall mehr. Ach, 
aber zürn Reisen fehlte mir nichts, als eines — das Geld. 
Aber Reise-Projecte zu machen, das kostet ja nichts, und 
deswegen warf ich mich darauf, mit meinen Freunden. Wir 
wollten nicht die Länder bereisen, wo sich alle Touristen 
herumtreiben. 'I. I. Ampere i) und ich wollten die Wege der 
Engländer meiden. Wir wollten Florenz, Ronr und Neapel 
nur flüchtig berühren und uns dann in Venedig nach Triest 
einschiffen, um von da den Küsten des adriatischen Meeres 
1) Jean Jaguez Ampere, seit der Juli > Revolution Professor der 
modernen Literatur und Sprachen ain College de France und seitdem 
berühmt geworden durch seine klassische „Literargeschichte Frankreichs vor 
dem XII. Jahrhundert", beschäftigte sich damals mit der neugriechischen 
Sprache und Dichtung. Gleichzeitig gab Fauricl seine bekannte Samm 
lung neugriechischer Volkspoesieen heraus.
	        
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