sie Niemand. Namentlich in der Türkei haben die Volks-
zählitngeir eine eigenthümliche Beschaffenheit, welche sie sehr
wesentlich von den unsrigen unterscheidet. Man zählt näm-
lich nur die erwachsenen Männer, und zwar vorzugsweise
aus zwei Gründen: Erstens ist dem Zähler das Eindringen in
das Frauenhaus (Türkisch: Harem, griechisch: yvvcuxeiov, im
mittelalterlichen Deutsch „das Frauenzimmer" genanitt), durch
Gesetz und Sitte verboten. Zweitens aberivird derCharadsch,
das Kopfgeld, nur von den erwachsenen Männern (russisch:
„Seeleir") gehoben, und das ist für die Türken der Hauptzweck.
Die serbische Rasse hat sich in den verschiedenen Terri
torien sehr verschieden entwickelt.
In Bosnien ging der serbische Adel schon kurz nach der
türkischen Annexion zum Islam über und zog einen Theil
der übrigen Bevölkerung nach sich. Dieser jetzt muhameda-
nische Adel, die Beg's (sprich: „Beh") riß allen werthvollen
Grundbesitz an sich und trat dadurch in den feindseligsten
Gegensatz zu der christlichen Rajah, welche zu einem bedauer
lichen rustikalen Proletariat herabsank. Der bosnische Auf
stand ist im Wesentlichen nicht ein Religions- oder Rassen-,
sondern ein Banern-Krieg, eine Jacquerie, ein Kampf zwischen
dem privilegirten Großgrundbesitz und den unterdrückten
Kleinbauern und Hirten.
In der Herzegowina blieb ein Theil der serbischen Woj-
woden seinem alten Glauben getreu, wußte sich aber seine
Privilegien durch Berate des Padischah zu erhalten. In der
Kraina regierten unter türkischer Oberhoheit noch bis in das
neunzehnte Jahrhundert hinein die erblichen Knäse des alten
dynastischen Stammes. Deshalb hatte hier der Aufstand einen
andern Charakter. Er lehnte sich mehr an Montenegro an, wo
wir noch am Meisten jenes heroische Element vertreten finden,
welches sich in den alten serbischen Gesängen so getreu wieder
spielt und uns an die homerischen Helden erinnert.