Das heutige Fürstenthum Serbien hat am Wenigsten
von diesem heroischen Charakter conservirt. Es macht mehr
einen bukolisch-idyllischen Eindruck. Es producirt nämlich
mehr Hirten als Helden, wie uns dies Alfons de Lamar
tine in seiner „Reise im Oriente", ich möchte sagen, in Geß-
ner'scher oder Wattean'scher Manier, vorgeführt hat. Die
Leute tragen sehr viel Waffen im Gürtel, aber sie wissen
wenig Gebrauch davon zu machen.
Eine Ausnahme machen die „Hajduken", b. h. die
Lente, welche mit den bestehenden Gewalten zerfallen, sich in
das Gebirge werfen und dort ein Ränberleben führen, wobei
sie es zwar vorzugsweise ans die Türken abgesehen haben,
jedoch anchnnbeschnitteneErdensöhne nicht gänzlich verschmähen,
vorausgesetzt, daß etwas bei ihnen zn holen ist. Der „Häjduk"
ist stets der Sympathieen seiner Landsleute sicher und spielt
eine große Rolle in ihren Gesängen.
In dem Territorium, welches das heutige Fürstenthum
Serbien bildet und so lange es zur Türkei gehörte, das
„S syrb-Vi laj eti" genannt ward, ist die Aristokratie ausge
rottet worden. Da herrschte der Pascha, der Spahi, der
Janitschar. Es wurde der Zehnte, der Charadsch und der
Blntzins erhoben. Die Eingeborenen waren einander gleich,
d, h. dem Herrscher gegenüber gleich rechtlos. Der erste Fürst
des befreiten Serbien war ein Schweinezüchter und Schweine
händler; und sein erster Regierungsact war, daß er den
Schweinehandel, welcher unter den Türken frei war, für
sein hochfürstliches Monopol erklärte.
Die Verfassung des Landes ist in ihren, ans der Ver
gangenheit überlieferten Grundzügen rein patriarchalisch.
Sie baut sich auf aus der Einzel-Familie, der Gesammt-
Familie oder „Hans-Commnnion", der Gemeinde und
der Gesammt-Gemeinden-Vertretung., Der leistungsfähigste
und dauerhafteste unter diesen Factoren des ösfentlichcn Lebens