Full text: Wilhelm Gerhard's Gesänge der Serben

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wohnlich hat es nur eine oder ivenige Saiten, bestehend aus 
mehreren Pferdehaaren. Es wird mit einem Fidelbogen ge 
strichen, der ebenfalls mit Pferdehaar bezogen ist. In einigen 
Gegenden aber wird es mit den Fingern angeschlagen, wie 
eine Guitarre. Beim Spielen hält man es wie ein Vioion. 
Gewöhnlich setzt sich der Spielende aus den Boden und nimmt 
das untere Ende in den Schooß, während die Spitze des 
Stieles über seinen Kopf ragt. Mit der Linken nracht er die 
Griffe am Stege oder Stiele, mit der Rechten führt er den 
Bogen. Die Musik, wenn man dies Geschwüre so nennen 
darf, ist außerordentlich monoton und bildet nur eine unter 
geordnete Begleitung zu den epischen Gesängen. Jedenfalls 
stört sie niemals das Verständniß eines jeden einzelnen Wortes 
und paßt also sehr gut zu dem ruhig vorschreitenden und 
etwas melancholischen trochäischen Metrum. Ost sind es 
Rhapsoden, welche das Heldenlied singen und sich selbst mit 
der Gussala begleiten. Oft auch singt die ganze Gesellschaft 
in Begleitung einer oder mehrerer Gnslen. 
Jene Rhapsoden bilden einen besonderen Stand. Man 
behauptet, sie seien alle blind. Ich habe jedoch auch welche 
gesehen, welche durchaus nicht blind waren. Hat man ja 
doch auch alle homerischen Rhapsoden für blind ausgegeben, 
weil man — in einer höchst unverbürgten und wahrscheinlich 
rein conventionellen Weise — vom „blinden" Vater Homeros 
zu sprechen gewöhnt ist. 
Diese Rhapsoden wandern von Ort zu Ort, um ihre 
Tawor oder „Taworien" vorzutragen. So nennt man diese 
epischen Gesänge, aus welchen man jur Noth etwas der 
„Ilias" Aehnliches zusammenstellen könnte, mit Hinzndichtnng 
von Verbindungsgliedern und Uebergängen. 
Ich habe mich nach der Bedeutung des Wortes „Tawor" 
erkundigt. Man sagte mir, es sei der Name eines altserbischen 
Kriegsgottes. Ich bin von der Richtigkeit dieser Mittheilung, ob-
	        
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