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gleich sie von einem unterrichteten Manne ausging, doch nicht voll
ständig durchdrungen. Im Tschechischen bedeutet Tabor ein
Fest, eine Versammlung, namentlich auch in neuerer Zeit eine
politische Volksversammlung. Ich vermuthe, daß das serbische
Tarvor (osfenbar dasselbe wie Tabor) mich dieselbe Bedeutung
hat, und die Taworien sind sonach die Gesänge, welche bei
solchen festlichen Versammlungen vorgetragen werden.
Diese Taworien haben in vielfacher Hinsicht Aehnlichkeit
mit den Homerischen Gesängen. Sie schildern ähnliche kriege
risch-bukolisch-patriarchalische Zustände. Sie sind reich an
Wiederholungen und stereotypen Wendungen. Ihre sünffüßigen
Trochäen erinnern an den sechsfüßigen Vers (Hexameter)
des Homeros; und wenn wir ans Serbisch hören:
„Ihm entgegnet drauf der tapfre Marko"
(oder Duschan, Djuro, Stjepan, Lazar, Bogdan — von Bog,
Gott, und dan, gegeben, also Theodat — und wie diese grim
migen Helden alle noch heißen) so werden wir die Erinnerung
an das Homerische
— J. \J \J — KJ ±_ \J — \J \J — —
„To tau 8b Ttai ^btbbltcb ßorjv äya&ög zh.Ofi?j8ijg ee
oder:
JL \J \J \J J_ \J \J -r-
„Töv 8’avie TZQOffteiTie nolvilag 8tog ’OSvcrcrevg“
und an ähnlich gleichsam „gestabte Worte" (oder vsrba soiemnia)
nicht los werden. Es wäre eine sehr dankbare Aufgabe, wenn
Jemand diese Parallele zwischen den altserbischen und den alt-
hellenischen Gesängen, welche beide dem mythisch-heroischen Zeit
alter angehören, bis in das Einzelne durchführen wollte.
Mir fehlt hier der Raum, wenn nicht überhaupt die dazu
gehörigen Kräfte.
Nach meinem Geschmacke sind die altserbischen Helden
lieder nicht allein die kulturhistorisch interessantesten, sondern