Full text: Wilhelm Gerhard's Gesänge der Serben

41 
auch die poetisch schönsten. Die Nachdichtungen späterer Zeit 
verhalten sich zu jenen alten Gesängen etwa wie die „Kolvxov 
tc5)’ (tS&‘ "OfiijQOP ßißha“, d. h. die Posthonierica des 
Quintns aus Smyrna zu den unsterblichen Büchern der 
Odyssee und der Jliade. >) 
Wir finden ferner zuweilen ein Dutzend verschiedener 
epischer Gesänge, welche offenbar nach ein und derselben 
Schablone gebaut sind. Ich habe mich bemüht, darunter 
womöglich die Urform, oder wenn diese nicht mehr vorhan 
den zu sein schien, wenigstens die älteste Nachdichtung heraus 
zufinden und hier zu reproduciren. Mit anderen Worten, 
meine Absicht ging dahin, unter diesen Dutzend das Beste zu 
suchen, welches entweder das Vorbild der Andern ivar, oder 
verdient hätte, als solches zu dienen. So suchte ich denn den 
Wiederholungen und Nachdichtungen ans dem Wege zu gehen. 
Dagegen die Wiederholungen im Texte eines und desselben 
einzelnen Gedichtes zu beseitigen, betrachtete ich, in Ueberein 
stimmung mit dem verdienstvollen Autor Wilhelm Gerhard, 
als vollkommen unstatthaft. Solche finden sich überall in 
dein Epos der Volksdichtung (auch in den Homerischen Ge 
sängen) und gehören wesentlich mit zu dessen Charakter. 
Buch die renommistischen Uebertreibungen, jene haarsträu 
benden Heldenthaten, welche selbst vor den handgreiflichsten Un 
möglichkeiten und den unbestreitbarsten Verstößen gegen die Gesetze 
der Natur und gegen bieder Kunst dcrWassen nicht zurückschrecken, 
muß man mit in den Kauf nehmen. Sie sind keinesivegs eine 
Specialität der Serben, sondern finden sich in der heroischen 
Dichtung aller Völker, am meisten in der der Asiaten. 
t> Ich verweise ans die Aussätze von Göthe „Serbische Lieder", 
.Volkslieder der Serben," übersetzt von Fräulein von Jacob, „Serbische 
Gedichte", „Die neueste serbische Literatur", „Rationelle Dichtkunst" 
ihandelt von Wilhelm Gerhard) n. s. in „Nachgelassene Werke" 
Bd. VI, S. 324—340.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.