Das Streben des offiziellen Delegierten der Komintern ging
aun dahin, ein formelles Bündnis zwischen der kommunistischen
Partei und der Kuomintang zustande zu bringen, wie es schon
auf dem Kongreß der Proletarier des Fernen Ostens, der unter
dem Schutz der Komintern nach Moskau einberufen worden war,
und an dem auch eine Abordnung der chinesisch-kommunisti-
schen Gruppe teilgenommen hatte, in Aussicht genommen war.
Dr. Sun Yat Sen, der Führer der Kuomintang, war jedoch für den
an ihn gerichteten Vorschlag wenig empfänglich. Er stand der
Lehre des Klassenkampfes und der Monopolisierung der politi-
schen Macht durch eine bestimmte Klasse völlig feindlich gegen-
über. Und so blieb das Ansinnen der Kommunisten ergebnislos,
Unterredung zwischen Dr. Sun Yat Sen und dem Vertreter
der U.d.S.S.R.
Im Herbst 1922 entsandte die Sowjetregierung ihren früheren
Berliner Botschafter Joffe nach dem Fernen Osten, um die offizi-
elle Anerkennung der Sowjetunion bei der chinesischen‘ und
japanischen Regierung durchzusetzen. Joffe bezog sich in seinen
Kundgebungen an das chinesische Volk auffällig auf die „über-
aus freundschaftlichen Gefühle‘ der Union der Sozialistischen
Sowjet-Republiken gegenüber dem chinesischen Volk. Seine Be-
mühungen waren jedoch fruchtlos. Das Ergebnis der Unter-
redung zwischen ihm und Dr. Sun Yat Sen war folgende gemein-
same Erklärung, die am 26. Januar 1926 veröffentlicht wurde:
„Dr. Sun Yat Sen bleibt bei seiner Meinung, daß die
kommunistische Ordnung oder auch nur das Sowjetsystem
in China nicht eingeführt werden können, weil hier
die Voraussetzung für die erfolgreiche Begründung sowohl
des Kommunismus als auch des Sowjetismus nicht besteht.
Diese Meinung wird von Herrn Joffe vollkommen geteilt,
der weiterhin der Ansicht ist, daß Chinas größtes und
dringendstes Problem die Vollendung seiner nationalen
Einigung und die Erreichung seiner vollen nationalen Un-
abhängigkeit ist.“
Die Politik der Nationalregierung gegenüber der Union der
Sozialistischen Sowjet-Republiken, wie sie sich in dieser Erklärung
deutlich offenbart, ist deshalb besonders bedeutsam, weil sie
seither die Politik der Nationalregierung geblieben ist. Die Not-
wendigkeit freundschaftlicher Beziehungen zwischen Rußland und
China wurde bei aller Ablehnung der kommunistischen Gesell-