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D ie Geschichte der modernen Demokratien
(der nationalen wie der international
sozialen) ist die Geschichte eines illusion-
zerstörenden Kampfes mit der Historizität,
eines Krieges gegen den geschichtebauenden
„T raditionaJismus“.
efegentlich jener alten Majestätsbeleidi-
gungsprozesse gab es aber immerhin
eine Zuflucht: Der Verfolgte konnte sich an
den Herrscher selber wenden. Aufgeweckt
zum Bewußtsein seiner menschlichen Grenze
war selbst der Papst minder päpstlich als
manche Heißsporne der Kirche. Und Könige
von Geblüt dachten so königlich wie Friedrich
der Große, welcher, als einst ein einsamer
Freigeist beschuldigt wurde: Gott, den König
und den Bürgermeister gelästert zu haben,
den folgenden ironischen Bescheid erteilte:
„Daß er Gott gelästert hat, das muß Gott
allein mit ihm ausmachen; wir sind dafür
nicht zuständig. Daß er den König gelästert
hat, das verzeiht ihm der König, denn der
fühlt sich nicht beleidigt. Daß er aber den
Herrn Bürgermeister gelästert hat, dafür muß
er gestraft werden.“
Ich stecke, Exellenz, in der unbequemen Haut
J jenes einsamen Freigeists. Ich habe zwar
nicht Gott gelästert, auch nicht einen König
und auch nicht den Herrn Bürgermeister von