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Nach dem Souper sagte der Neffe: „Was isst man
in Rio — — ?! “
Er meinte: „Erzähle überhaupt — — —.“
Der Schiffbrüchige erzählte von Bananen und
Ananas, von den schwer schälbaren, honigsüssen
Orangen, von den giftigen Schararaka’s, von den Onza’s,
die in der Dämmerung brüllen, von den Königspalmen,
palmeira reale, von den breitblättrigen Musacden, von
den weissschimmernden Sternbildern, den feinen Natio
nalgerichten, der Tramway, die in den Urwald führt
und von den bleichen Frauen mit den Mandolinen-
Augen und der sammtenen Haut und den Diamanten
und Smaragden im braunen Haar — — —.
Die Dame lag in einer Chaiselongue.
„Haben Sie Kolibri’s gesehen — —?!“, sagte sie
mechanisch. Sie dachte an ihre Kindheit, wo man ge
lernt hatte: „Die Honigvögelchen, auch Blumenvögel
chen genannt, sind die kleinsten Vögel von der Welt —.“
„Ich habe einen mit dem Schmetterlingsnetz ge
fangen. Er flimmerte und flirrte über einer Blüthe, wie
ein Nachtschmetterling es thut und senkte seinen langen
Schnabel in den Kelch der Blüthe. Der Brasilianer
sagt daher: „Besä flor —• — der die Blume
küsst!““
„ Haben Sie ihn getödtet — — ?! “, fragte die
Dame.
„Nein, ich habe ihn wieder freigelassen — —“,
sagte Hölderlin.
Die Dame lächelte fast seelig; sie dachte: „Er
ist gut — —■. Er muss auch Etwas verloren haben —.“
„Ah, Rio “, sagte er, „wie sehne ich mich
nach Dir!“