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Sofjfeph de Mailtre
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Mittelalter8, die in dem König den SGefalbten des Herrn fieht, mit
zinem ganz rtationell gefaßten Jmperatorentunmg, das feine Yuelle
im vrömifchen Recht, in dem politijhHen Machtgedankeı der
Kenaifjance und in der Konfequent mechanijtifjcdhen Naturauffaffung
zine8 Hobbes hat. Die Königliche Majeftät ift einerfeits ein Ausfluß
der göttlidhen Almacht: die Könige find die Statthalter Sottes auf
Erden; der Gehorfam des Untertanen ijt eine religiöfje Pflicht; denn
die Jdee der Autorität, das Prinzip der Ordnung ift göttlich.
Andrerfeit8 aber ijt der Staat ein Mechanismus, ein durhaus fünft-
Äidhes Gebilde. Der natürliche Zuftand ijt die Anarchie, der Kampf
aller gegen alle. Ihm zu entrinnen, müffen die Jndividuen auf
jeden Eigenwillen verzichten, müffen reftlos und unwiderruflich abs
danfen zugunften des Einen, des Herrfchers. Ye durchgreifender
der zentrale Jmpul8s die toten Glieder bewegt, defto beffer läuft die
Mafchinerie. eder individuelle Rechtsvorbehalt, jede Begrenzung
der Souveränität geht auf Koften der ftaatlihen Organifation. Die
abfolute Monarchie ijt daher die befte Staatsform. Denn fie ver-
6ürgt die volllommenfte Willenseinheit, fie bildet den äußeriten
Segenpol zur Anarchie.
Dieje Doktrin trug nun aber nicht nur in fi felbjt einen
rebolutionär-fonferbativen Yanuscharakter durch die VBerkoppclung
vationaliftifcher und religiöjer Denkmotive. ES fehlte auch viel,
daß fie in der politijhHen Praxis des Sonnenkönigs eine reftlofe
Berkörperung gefunden Hätte. Der. felbjtherrlidHe Monarch Hütete
iQ wohl, die Formen der ftändifjdhen Sefelljdhaftsordnung an-
yutaften. Sa, er führte fogar bewußt eine Adelsrenaiffance herauf,
Auf der anderen Seite aber jtrebte er felbjt über das von Bojffuet
antivorfene Schema hinaus. Der dunkle Schleier der Hriftlidhen
Todes- und Emwigkeitsvorftellungen, durch den der Priejlter Bojfuet
[ein farbenprächtiges Gemälde dämpfte, blieb für den roi soleil vor-
miegend Draperie. Der Koumpetenzvbertrag zwifdhen Kirdhe und
Staat, wie ihn Boffuet entwarf, fiel bei dem damaligen Miß-
verhältnis zmwijdhen der realen Macht der beiden aktoren notwendig
zugunften des Staates aus.
Diefer Zwiefpalt zwifhen Forderung und Wirklichkeit einer-
jeit8, rationalijtijdher und religiöfer Begründung andererfeits, der
dem Iudovicijhen Abfolutismus kennzeichnet, ermöglichte den Um-
jtand, daß die gefamte franzöfifjhe Staatstheorie des 18. Yahrhun-
derts an feine Erfheinung anknüpfte. Der Rationalismus ftieß
über ihn zum aufgeflärten Defpotismus und zum liberalen Staat3-
gedanken vor. Der „Legitimismus“ ging hinter ihn auf das Fdeal
eine8 ftändifch gegliederten Staate8 zurüd. Beide DYDoktrinen machten
ich die allgemeine geiftige Wendung von der kosmifdH-[yjtematijchen