Full text: Die religiöse Eigentümlichkeit der lutherischen und der reformierten Kirche

127 
derliche Liebe und christliche Eintracht aufrecht zu erhalten, worauf 
aber Luther ähnliches (wie 1627) antwortete: „Verflucht sei solche 
Liebe und Einigkeit in den Abgrund der Hölle, darum, daß sie 
nicht allein die Christenheit jämmerlich zerrüttet," (das war, doch 
wahrlich nicht der den Frieden suchenden Schweizer, sondern des 
sie verstoßenden und verdammenden Luthers Schuld!) „sondern sie 
nach teuflischer Art noch spottet und ilärret." --- „E i u Teil 
m u ß des Teufels sein und Gottes Feind." Daher war denn 
Luther im ganzen Streit heftiger, tobender und liebloser, Zwingli 
dagegen, immer mehr gereizt, ruhiger und kälter, aber auch schär 
fer und beißender. Mit Tränen in den Augen bat Zwingli Luther, 
als sie sich 1529 zu Marburg in allen Punkten, nur nicht in diesem 
vom Abendmahl vereinigt hatten: daß sie einander als 
Brüder erkennen sollten; es seien keine Leute auf Erden, mit de 
nen er lieber wolle eins sein als mit den Wittenbergern. Luther 
verweigerte ihm die Bruderhand unb gab ihm nur das Versprechen 
„christlicher Liebe, sofern sie sein Gewissen leiden könne." So war 
der erste und letzte Versuch zu einer wahren Vereinigung mißlun 
gen und die reformierte Abendmahlslehre als ein bei wahren 
Christen unmöglicher und daher von der wahren Gemeinschaft mit 
Christo ausschließender Irrtum und als eine ewig trennende Schei 
dewand aufgestellt. 
Es hat nun den Anschein, als wenn wenigstens in diese m 
Streit die Lutheraner gegen die Reformierten die b i b l i s ch e 
Lehre verteidigt und die Schrift auf ihrer Seite gehabt hätten, 
wie denn auch Luther sich immer auf die Einsetzungsworte: das 
i st mein Leib, berief, dies „ i st" in Marburg mit großen Buch 
staben vor sich auf den Tisch schrieb und seine Gegner Schriftver- 
fälscher nannte. Aber cs ist ein großer Unterschied zwischen b i b- 
l i f et) e r Ve r t e i d i g u n g und Begründung einer 
kirchliche n Lehre, wie sie Luther bloß durch steifes Festhalten 
an diesem Wort versucht, und zwischen biblische r und r a t i o- 
n e Her Verteidigung und Begr ü n düng einer 
nicht von der Kirche empfangenen, sondern r e i n biblis ch e n 
und a p o st o l i s ch e n Lehre, wie sie Zwingli und Calvin gegen 
die ihnen noch zu papistisch und ganz unbiblisch erscheinende Lehre 
Luthers versuchten. Denn wenn die lutherische ÄbendMahlslehre 
dieses: „ist" in seiner eigentlichsten Bedeutung wirklich 
festhalten und dabei durchaus keine nähere Erklärung zulassen will, 
so muß sie die katholische Brotverwandlungslehre völlig billigen, 
welche sich daher mit vollem Recht wegen ihrer scheinbar genau 
esten Auffassung dieses Wortes für die alleinige biblische Lehre aus 
gibt. Oder sie muß den Sinn dieses „i st," w i e ihn Jesus ge 
nieint hat, näher a n g e b e n, erst ä r e n; was aber Luther, 
voll dieser Stelle ausgehend, niemals tat unb daher auch seine 
Abendmahlslehre eigentlich nicht biblisch b e g r ü n d e t e und 
d e d u c l e r t c, sondern vielmehr die kitholische K i r ch c n - 
l e h r e, mit welcher er sich auch stets einiger fühlte als mit der 
reformierten, v e r b e s s e r t e, reinigte unb diese von der 
katholischen Kirche herübergekommene, k i rch I ich e Abendmahls-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.