Full text: Die religiöse Eigentümlichkeit der lutherischen und der reformierten Kirche

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forderte Untersuchung des Streites von seiten der bür 
gerlichen Obrigkeit. Das geschieht,; der große Rat befiehlt 
ein Religionsgespräch und fordert alle Pfarrer auf, „ihre Meinungen 
durch Aussprüche der heiligen Schrift in deutscher 
Sprache zu beweisen." Zwingli gibt zu diesem sogenannten ersten 
Züricher Gespräch (gehalten am 29. Januar 1523) seine 67 Artikel 
heraus, die er bisher gepredigt habe „auf den Grund der Schrift," 
welche er „m i t derselben beschirmen und erobern" will, 
über welche „die Schrift Richter sein" solle; deren erster Ar 
tikel also lautet: „Alle, die sagen, das Evangelium 
gelte nichts ohne die B e st ä t i!g u n g der Kirche, 
irren, sehr und schmähen Gott." Dann: „Summa 
des Evangeliums ist, daß unser Herr Christus Jesus, wahrer 
Gottes Sohn, uns den Willen seines h i m m l i - 
scheu Vaters k u n d g e t a n und mit seiner Unschuld vom 
Tod erlöst und mit. Gott versöhnt hat." Hierüber disputiert dann 
Zwingli, nur die heilige Schrift in der Hand, vor einer großen 
Versammlung siegreich, daß der große Rat gleich nachher 
befiehlt: „n i ch t s Anderes öffentlich zu lehren, als was 
sie mit d e in heiligen Evangeliu m und der g ö t t- 
l i ch e u Schrift bewähren mögen," und in der „Erläuterung 
und Bestätigung der 67 Artikel" sagt Zwingli: „Päpstler nenne 
ich alle die, welche menschliche Lehre, Gesetze und Pracht 
so viel als Gottes Wort, ja viel höher achten. Denn 
das Wort Gottes mag sagen, was es will, so beschirmen sie 
die Meinung der römischen P ä p st e und verschupfen das 
Wort Gottes. Ich will nichts lehren als die Lehre 
Christi aus der gotteingegebenen heiligen 
Schrift, die allein Richter sein soll, aus sich selbst erklärt." 
In demselben Sinne handelte nun auch der Rat zu Zürich; 
er verteidigte sich mit dem Worte Gottes gegen innere 
und äußere Feinde.; alles ward nach den Vorschriften des Evan 
geliums unternommen; schwierige Sachen wurden nach dem Worte 
Gottes entschieden; man berief sich bei dem öffentlichen Verfahren 
auf Hiskia und Josia, und biblische Sprüche und Beispiele wurden 
in geistlichen Angelegenheiten zu entscheidenden Regeln gemacht. 
Vor dem Papste selbst verteidigten sich 1524 die Boten von Zürich 
wegen seiner Beschuldigung, daß Zürich ketzerisch sei: „man lehre 
zu Zürich nichts Anders, als was die Schriften des Alten und 
Neuen Testamentes enthielten; sie seien entschlossen, Gott zu ge 
horchen, sobald man sie aus der heiligen Schrift des 
Irrtums überweisen würde". 1526 schreibt der Rat zu Zürich an 
den Papst: „Man lehre zu Zürich nichts Anderes, als 
wie der Mensch durch die heilige Schrift zum Glauben 
und zur Hoffnung eines ewigen Lebens gelangen könne," und er 
beruft sich darauf, „daß sie nicht zu irren glauben, w e n n sie 
tun, was Christus gelehrt und geboten, da 
man Leute, welche unterlassen, was Gott nicht 
befehle, unmöglich für Verleugner der christlichen Lehre halten 
könne," und der Papst weiß nichts Anderes zu antworten als:
	        
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