Full text: Die religiöse Eigentümlichkeit der lutherischen und der reformierten Kirche

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quisition Tausende hinrichten und mit seiner grausamen Armee ihr 
Land schrecklich verwüsten sehen; zwar fielen Wilhelm von Ora 
nten und Heinrich IV. unter dem Dolch fanatischer Meuchelmör 
der; zwar mußten die Reformierten in Schottland und England 
viele Hinrichtungen und den scheinbar gefahrloseren, aber desto 
empfindlicheren Druck der englischen Kirche und des Oberhauptes 
derselben lange genug dulden, — aber sie beugten sich reicht; 
sie litten freudig, und es fehlte den rrnzähligen Blutzeugen (deren 
die lutherische Kirche fast gar keine hat) nie an Nachfolgern, so 
daß die überall verstoßene und verachtete reformierte Kirche sich 
wenigstens durch diesen ihren Zeugeneifer einen 
ehrenwerten Namen und allmählich selbst bei ihren Gegnern Ach 
tung erwarb. 
Bei dem nüchternen und ruhigen Zwingli, welcher seinen Sinn 
nur auf das unmittelbar Praktische gerichtet hatte und noch nicht 
durch hartnäckigen Widerstand gereizt wurde, blieb diese Opposition 
noch eine ruhige und gemäßigte. Doch mußte auch ihn Mykonius, 
der schweizerische Melanchthon, vor Leidenschaftlichkeit in seinem 
Verfahren warnen. Er forderte immer im Namen des Wortes 
Gottes und erlangte auch schnell, aber Schritt für Schritt, was 
er begehrte. Zuerst wurde das Chorherrnstift zu Zürich reformiert; 
es wurden biblische Vorlesungen angeordnet, die Acci- 
dentien abgeschafft, die Taufe — nicht wie bei Luther a l l- 
mählich gereinigt — sondern neu und biblisch ein 
gerichtet; die Messe, dem Namen wie der Sache nach, 
und die lateinische Sprache beim Gottesdienst gänzlich abgeschafft 
(während die Lutheraner den Namen mit der halben Sache bei 
behielten und Luther angelegentlichst das Lateinische zürn Teil 
erhalten wünschte); die Bilder wurden, nachdem das Volk diesel 
ben schon gestürmt hatte, aus Zwingli's, auf das ziveite Gebot 
gegründete Forderung öffentlich abgetan; selbst das Sin 
gen in den Kirchen suchte Zwingli abzuschaffen, nicht weil ihm 
der Sinn für Poesie und Musik mangelte, (welcher er vielmehr 
eher zu viel als zu wenig ergeben war) sondern weil es ihm lä 
cherlich vorkam, „dem lieben Gott etwas vorzusingen." So for 
derten die Reformierten (nach dem Worte der Schrift: „Trinket 
alle daraus") Abendmahl unter beider Gestalt, eine strenge Be 
obachtung des christlichen Sabbats (nach dem vierten Gebot; wo 
gegen sie sich aufs entschiedenste gegen die Beibehaltung der an 
dern, in der heiligen Schrift nicht gebotenen Festtage 
sträubten); einen einfachen und wahren Gottesdienst (nach Joh. 
4, 24) als die einzige Art der Anbetung Gottes im G e i st und 
in der Wahrheit. In manchen Städten, wie in Bern rurd 
Basel, kam es, weil der Rat zu lange gezögert hatte, bis zu re 
volutionären Auftritten und zu gewaltsamer Zerstörung alles Un 
biblischen, d. h. der Bilder und der Orgeln. Abschaffung der 
Messe und der Bilder, d. h. der Abgötterei, wurde das Losungs 
wort der reformierten Reformatoren und hiermit gewöhnlich die 
Reformation begonnen. Farel drang darauf, daß aller Schein des 
päpstlichen Wesens abgetan werde, und legte oft selbst mit Hand
	        
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