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wir dasselbe immer mit gleicher Ehrfurcht und Gehorsam anneh
men müssen." Und das alles lehrt er schon vom m o s a i s ch e u
Moralgesetz, wie vielmehr von deni neuen Gebot C h r i st i!
So ward denn die Lehre C h r i st i, wie sie in der heili
gen Schrift enthalten ist, von den reformierten Reformatoren ge
braucht zur gründlichen Wiederherstellung der Sitten. Zwingli
sprach schon 1520 das Bedürfnis derselben bestimmt und deutlich
aus: „Der Wandel der Christen ist so weit von jener wahren,
evangelischen'^ Lehre Christi abgewichen, daß alle Welt ge
stehen muß, es sei eine allgemeine und auf
fallende Wiederherstellung der Gesetze und
Sitten notwendi g." Diese fand denn nun auch in der
ganzen reformierten Kirche statt, und es tat auch große Not.
Die schamloseste Unstttlichkeit herrschte damals in den Städten der
Schweiz, und das sonst so einfach sittliche und keusche Volk
war in Gefahr, durch den schnell erworbenen Reichtum, die frem
den Gelder und das Reislaufen gänzlich zu verderben. Da trat
zur rechten Zeit die gründlichste Sittenreformation ein, deren segens
reiche Folgen sich sichtbar bis auf unsere Tage erstreckt haben.
Alsbald wurden in Zürich und unter Zürichs Beistand auch in
Bern die Pensionen öffentlich von allen Bürgern abgeschworen, das
Reislaufen verboten, alle unzüchtigen Weiber aus der Stadt ge
jagt und dagegen die Sittengerichte, Armenpflege, Sonntagsgesetze
gegeben. Mykonius schreibt darüber folgendermaßen: „Zwar heißt
es, niemand könne finden, daß die Züricher frömmer geworden
seien als andere, Ungerecht ist dieser Vorwurf. Das Evangelium
wird gepredigt und als R i ch t s ch n u r des Wandels an
genommen. Der Kultus ist allein nach den Forderungen der hei
ligen Schriften zur Ehre Gottes und Jesu eingerichtet. Ehebruch,
Stolz, Kleiderpracht verschwinden; jeder flieht unehrlichen Gewinn;
Liebe, Wohltätigkeit,^Gerechtigkeit blühen auf. Die Verbindungen
mit fremden Fürsten und die Pensionen find aufgehoben. Schwie
rige Sachen werden nach dem Worte Gottes entschieden, das jeder
Christ lesen darf." In Basel bestätigte der Rat 1532 die Refor
mation mit dem Anerbieten: „einem jeden aus den heiligen Schrif
ten Rechenschaft des Glaubens zu geben und, wenn er irre, sich
eines Bessern belehren zu lassen, d a m i t alle ch r i st l i ch e
Zucht u n d Demut bei u n s erfunden werde,
Unterricht z u v e r U e. h m e n." Sittenmandate wurden
erlassen; alle Ueppigkeit wurde scharf verboten; die üppigen Ge
wohnheiten junger Leute und verschwenderische Ausgaben einge
schränkt. Man schloß die schändlichen Häuser der Unzucht, die
lange so großes Aergerniß gaben. Mykonius wollte den Ehebruch
nach göttlichen Gesetzen streng bestraft wissen, und
unterdessen mußten die Baseler mit Schmerz sehen, wie in ihrer
Nähe mit der gewaltsamen Wiedereinführung der Messe Spiel
sucht, Trunkenheit, SchmähsUcht, Wollust und die Freiheit aller
Laster zurückkehrten. Das Herrlichste geschah in Gens, vorzüglich
von Calvin, der der ganzen reformierten Kirche auf immer das
Gepräge des sittlichen Ernstes und der Strenge gegeben hat. Man