Full text: Die religiöse Eigentümlichkeit der lutherischen und der reformierten Kirche

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Die Arminianer reden auch in ihrem Glaubensbekennt- 
ilis und Limborch im e r st e n Kapitel seiner Dogmatik von 
der heiligen Schrift, erkennen sie allein als unbedingte, 
göttliche Norm an und fordern Gehorsam und Ehrerbietung 
gegen sie. Sie berufen sich aber auch gegen die Dortrechter Sy 
node ausdrücklich auf die heilige Schrift und behaupten, daß die 
Lehre, Christus habe nur einige und nicht alle Menschen erlöst, 
und die Gnade Gottes sei unwiderstehlich, nicht in der 
Schrift enthalten sei. „Sie erkennen hingegen jeden als Christen 
an, der die heilige Schrift, vornehmlich das neue 
T e st a m e n t, zur Richtschnur seines Glaubens uub Lebens 
annimmt: er möge es erklären, wie er »volle." Zugleich machen 
sie (Episkopius) die wichtige und treffende Unterscheidung, daß 
zwar alles, was zur Seligkeit notwendig ist, sich im neuen 
Testament findet, aber nicht alles, was in demselben enthalten ist, 
gu glauben zur Seligkeit notwendig ist, und Limborch 
hält nur das für einen Fundamentalartikel, „was die heilige Schrift 
s e l b st klar als w e s e n t l i ch und uotweudig zum Glau- 
ben und zur Seligkeit fordere, und o h n c w e l ch e s die Hei 
ligkeit des Lebens und die Hoffnung der Seligkeit nicht bestehen 
könne." Wegen dieser Hochachtung der heiligen Schrift ward beii 
Arminianern auch gründliche Schriftforschung die wichtigste Wissen 
schaft, und bei ihnen findet man daher auch die ausgezeichnetsten 
Schrifterklärer (Grotius, Wetstein, Clericus) während die übrigen 
Reformierten und auch die Lutheraner damals hierin wmig 
leisteten. 
Das eifrige Streben nach der genausten Nachbildung der 
biblischen K i r ch e n v e r f a s s u n g lind K i r ch e n- 
z u ch t und des biblischen Kultus hat die P r e s b st 
ier i a n e r beseelt, welche so genannt werden, weil sie gegen die 
Episkopalen vollkommene Gleichheit aller Geistlichen und also keine 
wesentliche Unterscheidung zwischen Presbyter und Bischof, die 
nach ihrer Ansicht nur aus hierarchisch papistischem Interesse ent 
stauben und beibehalten ist, zulassen uub sogar die Benennung 
Bischof, als ihrem Prinzip widerstreitend, aufs entschiedenste ver 
weigern x ). Ihre Ansichten sind in der Schweiz, in Holland und 
Schottland herrschend, und daher sind dort die Landeskir 
chen p r e s b h t e r i a n i s ch, und auch die reformierten Syno 
den in der Provinz Jülich-Cleve-Berg haben sich von Anfang an 
aufs allerkonsequenteste nach echt presbyterianischen und puritani 
schen Grundsätzen begründet und ausgebildet und dieselben auch 
in steter Verbindung mit Holland und England, bis auf die neu- 
esten Zeiten treu bewahrt. Nur in England sind die Presbyteri 
aner (und Independenten) im Gegensatz gegen die bis ch ö f l i ch e 
Landeskirche eine dissen tierende Sekte geworden. 
Alle kirchlichen Einrichtungen der Presbyterianer sind möglichst 
schriftgemäß, und es ist ihnen Sünde, in Sachen der Kirche, der 
i) Sie heißen in England auch Puritaner, weil sic gegen den überladenen 
Gottesdienst der englischen Kirche und deren Formelwesen protestieren und einen 
reinen, einfachen und freien Gottesdienst verlangen. 
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