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Reformatoren wütend, nachher meistens ebenso entschieden für sie
begeistert. Auch an den kirchlichen Bewegungen Schottlands, von
Anfang an bis zu ihrer Beendigung, nahmen die Frauen wesent
lichen Anteil, nicht ohne eine ihnen in solchen Dingen eigentüm
liche Heftigkeit. Die reformierte Kirche kann eine große Menge
Märtyrerinnen aufioeisen, wie denn überhaupt das Weib überall
mehr Sinn für Frömmigkeit und mehr Entschiedenheit zeigt als
der Mann. Mehrere Sekten sind sogar durch Frauen gestiftet wor
den. Und noch jetzt sind in der Schweiz, in Frankreich, in Britan
nien und ain Rhein die Frauen meist die entschiedensten Anhän
gerinnen irgend einer bestimmten Lehre oder eines Lehrers, ans
dessen Wahl sie oft den größten Einfluß ausüben. Manche Eng
länderin hat, nur um die heilige Schrift in ihrer Grundsprache
lesen zu können, die Mühe nicht gescheut, hebräisch- und griechisch
zu lernen, und versieht als Hausfrau in Abwesenheit des Mannes
den Hausgottesdienst ebenso wie er, frei erklärend und frei betend.
Die Quäker haben bekanntlich die Emanzipation der Frauen, so
gar gegen eine ausdrückliche Schriftstelle, bis zum Extrem des
Lehrens der Frauen in den Gemeinden angenommen, und noch
jetzt kann man in England Frauen predigen hören. *)
*) Ich erinnere zugleich an die vielen christlichen Schriftstellerinnen der
reformierten Kirche, z. B. an Hannah More, Lätitia Hawkins, Grace Kennedy,
Madame Necker, Anna Schlatter und an Elisabeth Fry, die edle Quäkerin, die
Stifterin der Gefängnisgesellschaften.