Full text: Das weibliche Unterrichtswesen in Frankreich

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Beilage I. 
Zeit sein .... Der Morgen kommt-, Peter, der einige Stunden 
geschlafen, wacht auf. Cäcilie sieht, dafs er sie wieder erkennt. 
Mein braves Weib, sagt er. 
Er ist gerettet! Er wird genesen! Aber die lange und 
langsame Rekonvalescenz. Und Cäcilie hat keinen Pfennig 
mehr. Frische Eier, Fleisch, Wein sind nötig. — Nichts man 
gelt; Peter genest zusehends. 
— Du hast doch viel zu plätten, sagt er eines Tages zu 
seiner Frau, die am Fenster emsig thätig ist, du plättest ja 
jetzt immer. 
— Ja, mein Freund, ohne das würden wir schon lange 
nicht mehr gewufst haben wo aus noch ein, sagt Cäcilie lächelnd. 
Ich habe als junges Mädchen das Plätten gelernt — du siehst, 
das kommt stets zu statten. 
Peter drückt sein Gesicht ins Kopfkissen, denn er schämt 
sich zu weinen, und Cäcilie thut, als ob sie ihn nicht sähe — 
aber als sie ihm sich nähert, um ihm zu trinken zu geben, 
drückt er ihr die Hand und sie versteht, dafs er ihr dankt. 
Darum ist sie so abgemagert, weil sie die Nächte hindurch 
arbeitet, wenn alle schlafen .... Aber wenn er geheilt sein 
wird, dann entschädigt er sie für alles, was sie gelitten. Und 
ein Tag kommt, da er genesen ist, dann gehen sie zusammen 
aus, so stolz und so glücklich, sich wieder in den Sonnenschein 
begeben zu dürfen. 
Noch Jahre vergehen. Die Kinder haben auch Krank 
heiten durchzumachen gehabt — aber sie waren ihrer zwei, 
um sie zu pflegen, der Vater und die Mutter teilten sich in 
die Nachtwachen. Alles scheint jetzt gut zu gehen, Cäcilie ist 
nicht jung mehr — aber die Jahre drücken sie nicht: sie 
haben die schlechten Tage zusammen ertragen, und wenn sie 
daran zurückdenken, finden sie, dafs die schlechten Tage doch 
nicht so ganz schlecht waren, denn sie waren beisammen. 
„Hilfe und Schutz — Gehorsam und Unterwerfung“, diese 
Worte des Gesetzes haben sich für sie zu einem sanfteren und 
leichteren Gebot verändert: „Achtung und Vertrauen — Zärt 
lichkeit und Aufopferung.“ 
Das ist das wahrhafte Gesetz der Ehe. Das Gesetzbuch 
kann weder Zärtlichkeit, noch Aufopferung befehlen. Aber 
wie sollten zwei Menschenkinder, die jahrelang gewissenhaft die 
Pflichten des Lebens erfüllt haben, wie sollten sie nicht durch-
	        
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