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Juden diesen Weg gehen müssen mit Unterdrückung,
'bedeckt mit der Schmach und Schande eines völkischen
Hasses —, die Juden sind unter allen Umstän
den unsere Brüder, unsere deutschen Brüder, un
sere in jeder Beziehung gleichberechtigten Volks
genossen. Was der Zentrumsabgeordnete Dr. H e r -
s ch e l seinerzeit in der „Germania" schrieb, gilt für
jeden Christen:
„Ich lehne den Antisemitismus als Mensch und Zen
trumsmann ab. Als Mensch, weil mir die Juden bis jetzt
nichts Böses getan haben und ich mit ihnen auskomme wie
mit anderen Menschen. Als Christ, weil man die Nächsten
liebe nicht bloß im Munde führen, sondern auch durch die
Tat üben soll und wir auch im Juden den Nächsten erblicken
müssen. Das Alte Testament war das Vorbild des Neuen.
Der Gedanke des einen Gottes und die Zehn Gebote sind
uns durch das Judentum übermittelt worden. Als Politi
ker bin ich gegen jede Ausnahinebehandlungl von Staats
bürgern. Das ist Zentrumsprogramm und es hat sich bis
jetzt gegenüber Minderheiten glänzend bewährt. Wir müssen
den Antisemitismus bekämpfen, weil er ein Unrecht und eine
Gefahr gegen das Vaterland ist. Unser Volk hat heute
Sorgen genug. Seine innere Zerrissenheit darf nicht noch
durch religiöse Kämpfe oder Rassenhaß vermehrt werden.
Das ist unser Programm im Zentrum. Auch meines. Und
ich bin für ausgieichende Gerechtigkeit. Allen, also auch
Juden gegenüber. Wir sind gegen den Antisemitismus, wenn
er Unwahres gegen die Juden berichtet, denn unser Wahl
spruch ist Wahrheit, gegen die Unterdrückung der Minder
heit, also auch der Juden, denn unser Wahlspruch ist Frei
heit, gegen ihre ungerechte Behandlung, denn sie sind
Staatsbürger, und unser Wahlspruch ist Recht."
Von evangelischer Seite darf eine Schrift des in
Süddeutschland besonders gut bekannten Pfarrers
B ö h m er l e - Langensteinbach — eines glänzenden
Apologeten — zitiert werden, die in klarer evangelischer
Weise zum Antisemitismus Stellung nimmt. Es
heißt da:
„Wir wissen wohl, der Antisemitismus bringt vieles
vor, den Jahwe-Jehova den Herzen zu verdächtigen, aber
geht dabei mit der Schrift nicht wahrhaftig um.