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schmelzung der Parteien der Rechten im Wachsen be
griffen wäre. Das Gegenteil ist wahrscheinlicher.
Denn zwischen der Deutschen Volkspartei und den
Deutschnationalen bestehen bedeutsame sozial-wirt
schaftliche Differenzen. Der Liberalismus will und
wollte im Grunde vom preußischen Eroßagrariertum
nichts wissen; er empfindet dieses als eine Hemmung
auf dem Wege zu der internationalen Industriali
sierung der Weltwirtschaft. In der Deutschnationalen
Volkspartei ist als führendes Element das ostelbische
Eroßagrariertum vertreten, dem sich das Bauerntum
angeschlossen hat, weil es in der Zollfrage die dem
Groß- und Kleinbesitz gemeinsamen Interessen ver
tritt. Für dieses ostelbische Eroßagrariertum hat sich
weder der ethische noch der rein politische Liberalismus
begeistern können; jener steht nun einmal im Ver
ruf der Rückständigkeit und gilt, wie betont, als Hem
mung für den reinen Kapitalismus und Industrialis
mus, mit dem sich die liberale Bourgeoisie liiert hat,
bis fast zu einem Grad des Weltanschauungsmüßigen.
Eine Verschmelzung der beiden Rechtsparteien wäre
nur dann möglich, wenn die rein kapitalistischen An
schauungen, die auf der entschiedenen Rechten im ge
waltigen Vordrängen sind, noch einen breiteren Boden
gewännen. Das ist möglich. Solange aber das Er
eignis nicht eintritt, kann von einer Verschmelzung
nicht die Rede sein. Beide Parteien be
ruhen aufder Existenz von Wirtschafts
gruppen, die im natürlichen, gewordenen, sozial
wirtschaftlichen Organismus — wie er noch besteht
— verankert sind.
Das nämliche gilt von der Demokratischen
Partei. Auch sie stützt sich auf eine mächtige Wirt
schafts-Schicht. Es sind die Kreise der sozial-wirt
schaftlichen Beweglichkeit, aus der verarbeitenden In
dustrie und dem Handel, jene, die dem modernen
Industrialismus den Kodex des Entwicklungsziels ge