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liefert haben. Die Demokratie von heute ist keines
wegs — wie man es meist so gerne mit einem Seiten
hieb auf das jüdische Leihkapital darstellt — d i e
kapitalistische Partei in Reinkultur. Der Kapitalis
mus als reale Macht ist in der Deutschnationalen
Volkspartei und der liberalen Deutschen Volkspartei
viel stärker fundiert, als in der demokratischen. Aber
die Demokratie kapriziert sich darauf — begünstigt
durch ihre Verbindung mit Bank und Börse — als
Bannerträger des „industrialistischen
Fortschritts" zu erscheinen, den die Demokratie
entwicklungsgeschichtlich als das gewordene Prinzip der
Evolution ansieht. Es handelt sich also um eine sozial
ethische und wirtschafts-ethische Einstellung. Die
Demokratie propagiert vor allem den wirtschaftlichen
Internationalismus; sie ist stolz darauf, in „Konti
nenten zu denken" — wie das gefällige Schlagwort
heißt — und erhofft von einer Auflösung Der National
wirtschaft in eine sorgsam gepflegte Weltwirtschaft
den Fortschritt, vor allem die Pazifizierung der Völker,
die Beseitigung des Kriegs.
Diese sozial-wirtschaftliche Nüance der heutigen
Demokratie — sie kommt vielen ihrer Anhänger gar
nicht zum Bewußtsein — hat mit dem Wesen der
eigentlichen Demokratie nichts zu tun.
Die Demokratie braucht an sich weder einem frei
händlerischen Internationalismus zu huldigen, noch
einem ausgesprochenen Linksliberalismus in kirch
lichen, religiösen, kulturpolitischen Fragen und Be
langen. Demokratie ist ihrem innersten Wesen nach
eine Verneinung der politischen und
sozialen Vorherrschaft bestimmter,
privilegierter Schichten der Gesell
schaft. Demokratie verlangt die gleichen Rechte
für alle. Wohl bedeutet Demokratie die Herrschaft
des Mehrheitsprinzips. Die Mehrheit kann irren, so
gut wie der Autokrat; sie haben beide leider schon oft