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licheir Mächte viel zu gering ein. Diese sitzen, das sei
besonders scharf unterstrichen, viel weniger beim radi
kalen Sozialismus, als bei dem an sich wohl indifferen
ten und eben darum so gefährlichen „satten Bürgertum",
dessen Scharen die heutige Rechte bevölkern. Das Zen
trum ist heute mehr denn früher die geschichtlich ge
wordene Schutztruppe des Christentums und der christ
lichen Kirchen. Das darf und mutz ein Evangelischer
sagen, der die Dinge leidenschaftslos überschaut, der
auch wohl weiß, datz „Rom" aus seinem Formal-
prinzip heraus keine Konzessionen macht, gleichwohl
aber den modus vivendi einer ökumenischen Christlich
keit befürwortet.
Dem Kern des „katholischen Zentrums" soll sich
angliedern alles, wasimPrinzipPolitiknach
christlichen Gesichtspunkten treibt. Dazu
gehört die Bayerische Volkspartei, gehören die Welfen
und gehört das Eros der evangelischen
C h r i st l i ch s o z i a l e n und auch die Mittelstands
parteien. Und -es wäre ein Ziel des Schweißes der
Edeln wert, auch die Demokraten in diese Partei der
Mitte einzureihen, wenn sie es über sich brächten, die
Toleranz im Sinne ihrer Vorfahren oder auch nur
in der wohltuenden philosophischen Form eines
Dr. Drill von der „Franks. Ztg." aufzufassen und zu
interpretieren. Toleranz heitzt nicht „Duldung" —
das ist ein überhebliches, anmatzendes Wort — es heitzt
verstehen aus dem Herzen heraus.
Aber auch ohne die Demokratie mutz das Zentrum
als Partei der Mitte seine Einflußsphäre vergrößern,
es mutz alles an sich ziehen, was einen wirklichen
Ausgleich im Politischen und Wirtschaftlich-Sozia
len erstrebt. Wir wollen nicht dem Phantom eines
Zweiparteiensystems nachjagen, sondern realpolitisch
eine Partei erbauen, in der eine rationelle Politik
der Mitte möglich ist.