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sozialistischen Bewegung beeinflußt, sie hat auch an
der Umwandlung des utopischen Sozialismus zu einer
diskutabeln Eefellschaftsanschauung wesentlich mit
gearbeitet, sie wäre auch zweifellos in dieser Richtung
fortgeschritten —• Revisionismus — wenn nicht der
Weltkrieg dazwischen getreten wäre.
Die Revolution hat für den eigentlichen Sozialis
mus als Idee und Gesellschaftswissenschaft nichts ge
leistet. Die da und dort unternommenen Soziali
sierungsversuche sind gescheitert. Gewonnen hat nur
die Idee der demokratischen Mitwirkung der Massen
an deü Gestaltung von Staat und Gesellschaft. Diese
Demokratisierung des Staates kann sich gelegentlich
zu einem starken Hebel für die Sozialisierung aus
bilden, obwohl diese selbst an Boden nicht gewonnen
hat, aber auch nicht an sozialistischer Werbekraft. Der
Radikalismus, anfänglich stark in die Halme schießend,
ist im Abebben begriffen. Es ist augenscheinlich: der
Sozialismus entfernt sich immer mehr vom Radikalis
mus und Utopismus, aber er wird stärker als eine
Macht, die demokratische Gleichheit und soziale Ge
rechtigkeit erstrebt.
Es kann hier keine Geschichte der sozialistischen
Bewegung und noch weniger eine erschöpfende Psycho
logie dieser Bewegung gegeben werden. Es handelt
sich darum, wie eine Partei ehrlicher Demokratie und
des sozialen Ausgleichs dem Problem der praktischen
Lösung der Arbeiterfragen gegenübertritt.
Die soziale Reform, die den Arbeiter materiell
gut versorgt, ist Ausgangspunkt aller auf die Eman
zipation des „4. Standes" gerichteten Bestrebungen.
Diese Reform hat auch vieles erreicht und hat die
Prophezeiungen des Karl Marx in vielen Punkten
widerlegt. Ziehen wir die Wirkungen des Weltkrieges
mit seinen Retardierungen ab, so lebt und wohnt der
Arbeiter von heute besser, als der frühere; fein Lohn
ist gestiegen, die Arbeitszeit kürzer geworden, für den