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seine Persönlichkeit, seine Seele. Aus der verkümmer
ten Seele heraus ruft der fabrikalisierte Mensch nach
Befreiung, nach der verloren gegangenen aristokrati
schen Würde des Eigentümers.
Schon die alten Christlichsozialen unter Stöcker
haben diesen Ruf gehört und von dort aus ist schon der
Vorschlag des parlamentarischen Industrialismus ge
macht worden: die Mitbestimmung des Arbeiters
am Produktionswerk. Es ist klar: der Industrialis
mus kann nicht rückgängig gemacht werden; er ist mit
den modernen Produktionsformen sozusagen orga
nisch verbunden. Es handelt sich also darum, auch
innerhalb des Industrialismus dem Arbeiter die
Menschenwürde des Eigentümers zu verschaffen. Das
ist möglich, wenn man den Arbeiter zum Miteigen
tümer am Unternehmen macht. Das Problem der
Gewinnbeteiligung ist schon oft ventiliert und da und
dort auch praktisch in Anwendung gebracht worden.
Aber es bedeutet doch nur eine halbe Lösung. Wenn
der Unternehmer nun keinen Gewinn, sondern einen
Verlust hat? Wer trägt das Risiko? Der Arbeiter
soll auch mit den Sorgen des Unternehmers belastet
werden; Sorge adelt den Menschen, hebt ihn
über das Niveau des Lohnempfängers hinaus.
Darum must die Zukunftsparole der Sozialreform
für den Arbeiter lauten: die Industrie, die Fabrik
den Arbeitern, die sich ihre Führer und Leiter wühlen.
Sind die Arbeiter die Besitzer des Unternehmens, so
ist jeder einzelne von ihnen Eigentümer; er ist mit
seiner ganzen Person, nicht nur mit seiner physischen,
am Unternehmen „interessiert", aus einer Fabrik
nummer ist er wieder Persönlichkeit geworden. Ce-
wist ist das Problem nicht leicht zu lösen, denn leicht
beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im
Raume stoßen sich die Sachen. Aber die Lösung der
Jndustriearbeiterfrage im Sinne eines Sozialismus,
der den Kollektivismus verneint, um zum Jndi-
v i d u a l i s m u s zu gelangen, ist unausweichlich; sie