soviel Gerechtigkeitssinn aufbringen, die Dinge
in ihrer Wirklichkeit zu sehen und sich von der billigen
Methode einer ungeistigen Agitation bestechen lassen,
um immer wieder eine Ungerechtigkeit zu wiederholen,
die sich im Laufe der Jahrhunderte für alle gerecht
Urteilenden als solche erwiesen hat.
Genau so liegt es auf dem wirtschaftlichen Gebiet.
Nicht das „Judentum" hat die wirtschaftliche Auf
lösung und Zersetzung geschichtlicher Erwerbsschichten
herbeigeführt — vergleiche die vorhergehenden Kapitel
— sondern der i n d u st r i a l i st i s ch e Kapitalis
mus mit seiner Konzentration und Trustbildung, der
weder von den Juden erfunden wurde, noch die größte
Anzahl der Vertreter stellt. Das Leih kapital, bei
dessen Tätigung die jüdische Bevölkerung früher
einen starken Prozentteil stellte, ist an Bedeutung und
Größe von dem rein industrialistischen Kapital längst
überholt. Der Welt-Kapitalismus ist eine
historische Kategorie des wirtschaft
lichen Lebens, die, wie in den vorhergehenden
Kapiteln gezeigt wurde, aus einer Summe geschicht
licher Bedingungen, wirtschaftlichen und wissenschaft
lichen Charakters, entstand, die mit Judentum nichts,
aber auch gar nichts zu tun hat. Ganz abgesehen
davon, daß die berühmten reichsten Leute standesamt
lich als nichtjüdisch registriert sind.
Die Gründe des Antisemitismus wurzeln ledig
lich in Befangenheit und Ungerechtig
keit, sofern nicht Unwissenheit eine von Haus
aus vielleicht gerecht sein wollende Urteilsfähigkeit mit
Beschlag legt und alteriert.
Der Rassen-Antisemitismus ist nur eine Spielart
des allgemeinen. In einer Zeit, die mit dem Begriff
Rasse philosophisch und anthropologetisch jongliert,
kann es nicht fehlen, daß man versucht, einer Bewegung
politischer und wirtschaftlicher Irrelevanz eine wissen-
fchastliche Unterlage zu geben. Wenn die Anschauung
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