Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

Anamnese. Schema für die Anamnese. | 
und bis wann er den Kranken persönlich gesehen hat. 
Stets ist sorglältigst auseinanderzuhalten, was der Patient 
selbst erzählt, und was andere über ihn berichten. 
Die Aufnahme der Anamnese selbst erfordert viel 
Geduld und Takt. Nicht nur der Kranke, sondern auch 
die Angehörigen halten vielfach mit ihren Aussagen zurück, 
scheuen sich, Wichtiges zu berichten, oder sind zu auf- 
geregt, um daran zu denken. Einerseits soll der Arzt be- 
strebt sein, durch unverdrossenes, planmässiges Fragen alle 
wesentlichen Punkte herauszulocken. Andererseits muss er 
sich hüten, durch die Form der Frage dem Auskunft Er- 
teilenden eine Antwort in den Mund zu legen. 
Um nichts zu vergessen, wird der Anfänger gut tun, 
ein bestimmtes Schema bei seinen Fragen einzuhalten. 
Schema für die Anamnese. 
1. Heredität: Psychosen oder Neurosen in der 
Familie, Blutsverwandtschaft der Eltern. Trunksucht, 
Selbstmord, sonderbare Charaktere, Verbrechen bei Ver- 
wandten. Uneheliche Geburt. 
2, Entwicklung: Geburtsverlauf. Krankheiten und 
Kopfverletzungen. Kopfschmerzen, Schwindel, Ohn- 
machten, Krämpfe, Bettnässen, nächtliches Aufschreien, 
Schlafwandeln, Neigung zum Fortlaufen, Schulschwänzen, 
Verwirrtheitszustände. mit folgender Amnesie. Zurück- 
bleiben in der Entwicklung. Charakter. "Temperament. 
Schulleistungen. 
3. Späterer Lebensgang: Lehre. Examina. Militär- 
zeit. Leistungen im Berufe. Eheschliessung. Kinder. (Bei 
Frauen Verlauf von Gravidität und Wochenbett; Ver- 
halten der Menstruation.) 
4. Ursachen der jetzigen Erkrankung: Trauma. 
Alkoholabusus. Blei. Lues. Fieberhafte Krankheiten. 
Pubertät. (Gravidität, Wochenbett, Laktation. Menstruation. 
Klimakterium.) Erschöpfung. Gemütserregung. (Halt.) 
5. Beginn der Erkrankung: Wann? . In welcher 
Weise? Charakterverändernng, Verfall der Geisteskräfte 
(Gedächtnisschwäche). _Heitere oder traurige Ver- 
stimmung. Taedium vitae. Zwangsvorstellungen. Appetit. 
Stuhlgang. Schlaf. Kopfschmerzen. Schwindel. Ohn- 
machten. Krämpfe. Sprach- und Schriftstörung. Lähmungen. 
Wahnideen. Halluzinationen. Verwirrtheit. Sonderbare 
Manieren. Erregungen. Bisherige Behandlung.
	        
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