Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

Anamnese, 
Bemerkungen zum Anamnesen-Schema. 
ı. Heredität, 
Das Vorkommen von Psychosen in der engeren 
Familie lässt auf eine ererbte Veranlagung zu psychischen 
Erkrankungen schliessen. Die Gefahr erscheint um so 
grösser, je mehr derartige Fälle nachweisbar sind, und je 
näher der Grad der Verwandtschaft mit diesen ist. Geistes- 
krankheiten von Eltern und Geschwistern sind besonders 
bedenklich. 
Ferner bleibt zu beachten, ob ein Individuum von beiden 
Eltern her erblich belastet ist, oder ob von einer Seite her ge- 
sundes Blut zugeführt wurde. Aus diesem Grunde werden manch- 
mal Ehen unter Blutsverwandten (Vetter, Cousine) für die 
Nachkommenschaft verhängnisvoll. Sogenannte endogene Psychosen 
(Manie, Melancholie, Katatonie, Paranoia chronica) fallen für die 
Frage der Belastung mehr ins Gewicht als diejenigen Geistes- 
störungen, bei welchen äussere Ursachen die Hauptrolle spielen 
(Dementia paralytica, Infektionsdelirien, auch Dementia senilis). 
Stets bedenke man, dass selbst bei der schwersten 
erblichen Belastung das Individuum gesund zu bleiben 
vermag... - 
Von gleichartiger Heredität spricht man dann, wenn 
Vorfahren und Nachkommen an derselben Form der Geistes- 
störung erkranken. Man beobachtet das namentlich oft bei 
der manisch-melancholischen Krankheitsgruppe. 
Von degenerativer erblicher Veranlagung oder progressiver 
erblicher Entartung spricht man, wenn die krankhafte Ver- 
anlagung in den jüngeren (Generationen immer stärker hervortritt, 
psychische und körperliche Degenerationszeichen gehäuft er- 
scheinen. 
Unter den Neurosen sind vor allem Epilepsie und 
Hysterie als hereditär belastend anzusehen. Im übrigen 
sind nur diejenigen Neryenkrankheiten von Bedeutung, 
welche selbst als Ausfluss einer angeborenen Disposition 
betrachtet werden dürfen. 
Trunksucht der Eltern wird nicht nur häufig auf 
die Kinder übertragen, sondern kann auch zur Idiotie und 
Epilepsie bei diesen führen. Ausserdem ist Trunksucht an 
sich sehr oft ein Zeichen geistiger Minderwertigkeit. 
Selbstmord wird erfahrungsgemäss in der Mehrzahl 
der Fälle von Geistesgestörten verübt oder doch wenigstens 
von abnorm veranlagten Individuen, resp. in erworbenen
	        
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