Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

X Spezieller Teil. 
Auffassung und Merkfähigkeit sind schlecht. Indessen lässt 
sich der Patient vorübergehend aufrütteln, fasst dann besser 
auf, versinkt bald wieder. Nachts pflegt sich die Unruhe 
zu steigern. 
Prognose: Nach 2—10 Tagen endet die Psychose in den 
allermeisten Fällen mit langem, tiefem Schlafe, aus dem der 
Patient klar erwacht (Terminalschlaf), falls nicht vorher durch 
Komplikationen der Tod herbeigeführt wurde. 
Besonders zu fürchten ist plötzliche Herzschwäche. Zerebrale 
Erscheinungen (wie Krampfanfälle, Augenmuskellähmungen) und 
zerebellare (Gleichgewichtsstörung, Ataxie) verschlechtern die Aus- 
sichten; ebenso mehrmaliges Rezidiv. 
Gelegentlich zieht sich aber die Erkrankung länger hin. 
Dann erscheint der Patient oft Tags fast klar und wird Nachts 
wieder unruhig, bis endlich dauernde Aufhellung folgt (Protra- 
hiertes Delir). 
Sehr selten ist Uebergang in chronische Wahnbildung, eher 
noch Entwicklung eines Korsakowschen Symptomenkomplexes 
(siehe S. 151). 
Therapie: Exyzitantien, wie schwarzer Kaffee, Digalen, 
Strophanthustropfen (3X15 täglich): viel Flüssigkeit, bei Gefahr 
auch Alkohol. Ueberwachung! Mit Bädern und Narcoticis 
Vorsicht. Nicht Packungen, nicht Chloralhydrat! Besser Veronal. 
Möglichst Bettruhe. nn 
Untersuchung auf Delirium tremens. 
Anamnese: Frage nach Potus (Für wieviel Pfennige 
Schnaps täglich?) Wie ist der Schlaf? Nächtliche Angst 
und Unruhe? Gestalten gesehen? (Tiere?) Krampf- oder 
Schwindelanfälle ? 
Status som.: Tremor der Hände und Zunge 
(Zungenbiss?). Schweissausbruch in der Ruhe. Albu- 
minurie (auch Zylinder im Urin). Eventuell Augen- 
muskelstörungen, Sprachstörung ähnlich dem paralytischen 
Silbenstolbern, unsicherer Gang (wie an Bord des Schiffes), 
ataktische Bewegungen, träge Pupillen, epileptiforme Krämpfe. 
Wichtig ist der Puls (Gefahr der Herzschwäche!), häufig 
Erkrankung der Lultwege und des Magendarmkanals. Sonst 
wie bei chronischem Alkoholismus (siehe S. 146). 
Status psych.: Beschäftigungsdelir mit Des- 
orientierung für Ort und Zeit (S. 86, 87). Lebhafte Gesichts- 
und Gefühlstäuschungen, die sich auch suggerieren 
lassen: Lesen vom weissen Bogen, bei Druck auf die ge-' 
schlossenen Augen usw. (S. 100, 102.) Galgenhumor. 
Gleichgewichtsstörungen. 
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