Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

Anamnese. 
Während Gravidität, Wochenbett, Laktation 
treten neben eklamptischen und Infektionspsychosen (De- 
lirien, Amentia, akute Demenz) hauptsächlich Manie, Melan- 
cholie und Katatonie (Dementia praecox) auf. Bei Delirien 
und Amentia mag es sich dabei um richtige Intoxikations- 
vorgänge im Cerebrum handeln. Für die anderen Psychosen 
bildet das äussere Moment mehr die auslösende Ursache 
bei vorhandener Disposition. ; 
Um die Zeit der Menstruation stellen sich in 
seltenen Fällen periodisch wiederkehrende Seelenstörungen 
von manischer oder melancholischer Färbung ein: men- 
struelles Irresein; mitunter auch nur einmal im Leben, vor 
Eintritt der ersten Menstruation. Häufiger beobachtet man 
im Zusammenhange mit den Menstruationsvorgängen eine 
Zunahme der Erregung im Verlaufe einer bestehenden 
Geisteskrankheit, auch eine Häufung hysterischer und epi- 
lepfischer Erscheinungen. Oder aber die Menses sistieren 
mit Eintritt einer akuten Psychose, um erst in der Rekon- 
valeszenz oder‘ bei Ausgang in Verblödung wiederzukehren. 
Im Klimakterium besteht eine grosse Neigung zu 
nervösen Beschwerden aller Art: Herzklopfen, Wallungen 
zum Kopfe, Beklemmung, Flimmern, Ohrensausen, Kopf- 
druck, Schwindel, schlechter Schlaf usw. Psychisch finden 
sich besonders Reizbarkeit, Weinerlichkeit, Niedergeschlagen- 
heit, hysterische Zustände und verhältnismässig häufig 
Melancholien. Die letztere Seelenstörung bevorzugt auch 
bei Männern die Zeit des Rückbildungsalters. 
Exzessive Onanie wird oft fälschlich als Ursache angegeben, 
während die gesteigerte Libido schon ein Krankheitssymptom 
darstellte. Die Gefahren der Onanie werden sehr übertrieben. 
Erschöpfende Momente, die Psychosen verursachen 
können, sind Siechtum und Schwächung durch die ver- 
schiedensten chronischen Krankheiten (Carcinomkachexie, 
Anämie, Diabetes, langdauernde Eiterungen, Herzleiden usw.), 
profuse Blutungen und angreifende Operationen, besonders 
Staaroperation mit Dunkelbehandlung, Strapazen, KEnt- 
behrungen, Unterernährung, Ueberarbeitung. Derartige Ur- 
sachen sind am häufigsten in der Vorgeschichte von Amentia 
und Delirien (Inanitionsdelirien) anzutreffen, aber gelegent- 
lich auch bei anderen Formen von Geistesstörung. 
Nach Gemütserregungen wie Angst, Schreck, Aerger, 
Kummer, Sorge, Enttäuschung, unglückliche Liebe, ent- 
wickeln‘ sich besonders bei disponierten Personen (Psycho- 
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