Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

Gesichtsfeld. | 
beiderseits Ausfall der rechten Gesichtsfeldhälfte; Erkrankung des 
rechten Tractus opticus macht entsprechend linksseitige Hemianopsie. 
Ebenso wie Zerstörung des einen Tractus opticus wirkt die Schädi- 
gung seiner Fortsetzung zum Hinterhauptslappen, der sogenannten 
Sehstrahlung. Kine linksseitige Rindenerkrankung hier oder eine 
Durchbrechung der Sehstrahlung in der linken Capsula ınterna 
kann rechtsseitige Hemianopsie bedingen. Daher ist Hemiplegie 
so oft mit Gesichtsfeldausfall nach der Seite der Lähmung hin 
verbunden (vgl. das Schema S. 25). 
Zur Unterscheidung der Tractus-Hemianopsie von der durch 
Rindenherde hervurgerufenen hat man angeführt, dass bei der 
Letzteren der Lichtreflexbogen der Pupillen keine Störnng er- 
fährt, während bei Tractus-Hemianopsie die von den ausgefallenen 
Netzhauthälften herkommenden zentripetalen Pupillenlichtreflex- 
fasern auf ihrem Wege zum primären Sehzentrum (Gegend der 
vorderen Vierhügel und der Thalami optici) mitunterbrochen 
werden, und daher die Lichtreaktion nur ausgelöst werden kann 
durch Beleuchtung der gesunden Netzhauthälften: Hemianopische 
Pupillenstarre. Auch pflegt nur bei totaler Tractus-Durch- 
brechung die Trennungslinie zwischen erhaltener und aus- 
gefallener Gesichtsfeldhälfte gradlinig zu verlaufen, während sonst 
rings um die Macula herum eine sehende Zone erhalten bleibt. 
Die letztere Beobachtung erklärt, warum Patienten mit doppel- 
seitiger Rindenhemianopsie meist nicht völlig blind werden. 
Dauernde Hemianopsien finden sich besonders bei Erweichungs- 
herden im Gehirn (Arteriosklerose), mehr vorübergehende nach 
paralytischen Anfällen und zwar oft verbunden mit passageren 
Lähmungen (rechtsseitiger Gesichtsfeldausfall bei rechtsseitiger Arm- 
und Beinlähmung usw.). Kranke mit Rindenblindheit bemerken mit- 
unter ihre Blindheit gar nicht, bilden sich ein, sie könnten sehen. 
Bitemporale Hemianopsie, Ausfall beider äusseren 
Gesichtsfeldhälften, entsteht durch Ausschaltung der nasalen 
Hälften beider Retinae infolge Zerstörung nur der gekreuzten 
inneren Fasern; bei Chiasmaerkrankungen (Hypophysis- 
tumor, Lues cerebri). Der Kranke geht wie mit Scheu- 
klappen durch die Welt, sieht nicht mehr, was auf beiden 
Seiten um ihn vorgeht. 
Als Skotome werden kleinere Gesichtsfelddefekte bezeichnet, 
die nicht an der Peripherie liegen. Dieselben können auch 
lediglich den Farbensinn betreffen. Zentralskotome finden sich 
besonders bei Alkoholisten, ferner bei multipler Sklerose und bei 
Lues cerebri. 
Flimmerskotome sind passagere Hemianopsien, die einem 
Migräneanfall unter Lichterscheinungen voraufgehen: Erst er- 
scheint ein heller Punkt. Er breitet sich aus zu einer grell 
leuchtenden oder bunten Zackenfigur und verdeckt zum grossen 
Teile das Gesichtsfeld (Epilepsie, Hysterie, Neurasthenie). 
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