Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

Status somaticus. 
Mendel-Bechterewscher Reflex: . Beklopfen. des Fuss- 
rückens in der Gegend des Os cuboideum III macht normalerweise 
Dorsalflexion der 2.—5. Zehe, bei Pyramidenstrangerkrankung 
öfter Plantarflexion. Sehr inkonstantes Zeichen. 
Die Ataxie der Beine (vgl. S. 47) prült man durch 
den Knie-Hackenversuch: 
Der Patient liegt auf dem Rücken und führt bei geschlossenen 
Augen die Ferse des einen Beines zum Knie des anderen. Bei 
Störung der Koordination kommt es zu deutlichem Ausfahren. — 
Oder es wird dem Kranken aufgegeben, in derselben Lage mit 
einem Fusse in der Luft eine 8 zu beschreiben. 
Beim Gang achte man darauf, ob der Patient das eine 
Bein schont oder nachschleppt: Parese (lokale Veränderungen 
am Beine sind auszuschliessen!); ob er taumelt und nach 
der Seite schwankt wie ein Betrunkener: cerebellare 
Ataxie. Diese Gleichgewichtsstörung nimmt bei Augen- 
schluss zu: Kehrtwendung nicht möglich. 
Bei Parese beider Beine sind die Schritte kurz, mühsam, 
schlürfend, mit Neigung zum Einknicken. Bei Hemiplegie- wird 
das gelähmte Bein nachgezogen, ohne dass die Fussspitze vom 
Boden kommt, und eventuell im Kreise herumgeführt. | Bei 
Peroneus-Lähmung hängen der äussere Fussrand und die Fuss- 
spitze (Varo-equinus-Stellung), und beim Gehen muss das Bein 
übermässig in Hüfte und Knie gehoben werden: Steppergang 
(doppelseitig bei Alkohol-Neuritis), Auch durch sehr starkes 
Zittern kann der Gang gestört werden bei multipler Sklerose. 
Für Paralysis agitans ist charakteristisch ein gebückter, trippelnder 
Gang mit Neigung zum Schiessen nach vorwärts und rückwärts: 
Propulsion und Retropulsion. Bei Senilen findet sich auch 
ängstliches Trippeln auf der Stelle mit Zurücklegen des Ober- 
körpers (Trepidante Abasie). Hier spielen wohl ängstliche Vor- 
stellungen mit. Zahlreich sind die rein funktionellen Gang- 
störungen. Die nur psychisch bedingte Unfähigkeit des Hysterikers 
zu stehen und gehen nennt man Astasie und Abasie., 
Besonders zu merken sind folgende zwei Typen orga- 
nischer Gangstörung: 
1. Der spastisch-paretische Gang: Patient geht 
schlürfend mit kurzen, steifen Schritten, ohne die Kniee 
recht zu beugen oder die Füsse ordentlich vom Boden ab- 
zubringen: Doppelseitige Seitenstrangserkrankung des Rücken- 
marks. (Multiple Sklerose, Dementia paralytica mit Seiten- 
strangserkrankung, Lues cerebrospinalis usw.) 
2, Der ataktische Gang: Patient geht. unsicher, 
stampfend, schleudert die Beine übermässig und iritt mit 
den Hacken auf. Die Kniee werden beim Heben. stark‘ ge- 
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