Full text: Lehrbuch der Psychiatrie

N R. WOLLENBERG, 
(Albuminurie), des Herzens (Symptome der Coronararteriensklerose, 
Hypertrophie des linken Ventrikels) und des Pankreas (Diabetes); 
sodann auf das Vorhandenseincerebraler Störungen (Schwindel, 
Kopfdruck und Kopfschmerz, apoplektiforme Anfälle, Ausfallserschei- 
nungen auf motorischem und sensorischem Gebiet usw.). — In gei- 
stiger Beziehung ist besonders in den Anfangsstadien die Verlang- 
samung und Erschwerung des Gedankenablaufes charakte- 
ristisch, die den Kranken selbst zum Bewußtsein kommt, ferner das 
auffällig lange Erhaltenbleiben der Krankheiteinsicht 
und gesunder Vorstellungsreste, die auch in vorgeschrittenen 
Stadien in den plötzlichen Remissionen oft in überraschendster Weise 
zum Vorschein kommen. — Weiter ist auf den protrahierten 
Verlauf und die vielfachen, oft lange dauernden Stillstände Ge- 
wicht zu legen. 
In differentialdiagnostischer Hinsicht bedarf die Abgrenzung 
der arteriosklerotischen Geistesstörung von der Dementia para- 
lytica einiger Bemerkungen. Im allgemeinen gibt hier das Alter 
der Kranken von vornherein einen Anhaltspunkt, insofern die Dementia 
paralytica meist früher beginnt. Die Mehrzahl der zweifelhaften 
Fälle, in denen eine langsam fortschreitende Geistesschwäche erst 
Anfang der 50er Jahre beginnt, gehört dem Gebiet der Arteriosklerose 
an; immerhin kommen aber noch im höheren Alter, selbst im 7. Jahr- 
zehnt Erkrankungen vor, die klinisch und anatomisch als Paralyse 
aufzufassen sind. — Im übrigen kommt auf geistigem Gebiet 
differentialdiagnostisch in Betracht die Art der geistigen 
Schwäche, die bei der Dementia paralytica eine mehr allgemeine, 
dagegen bei der arteriosklerotischen Geistesstörung, dem 
herdartfigen Charakter dieser Krankheit entsprechend, eine mehr 
partielle ist und hier den Kern der Persönlichkeit lange intakt 
Jäßt; dies kommt insbesondere auch in der ziemlich richtigen‘ Be- 
urteilung des eigenen Zustandes seitens des Arteriosklerotikers gegen- 
über der Uneinsichtigkeit des Paralytikers zum Ausdruck. Weitere 
klinische Unterscheidungsmerkmale liegen in dem Fehlen der 
Wahnbildung und des krankhaften Affektes bei der Ar- 
teriosklerose, in dem langsameren Eintreten eines erheblicheren Grades 
von Verblödung, in der Neigung zu plötzlichen weitgehenden 
Stillständen des Leidens, endlich in dem viel protrahierteren 
Verlauf der arteriosklerotischen Geistesstörungen. Auf körper- 
lichem Gebiet kommt das Fehlen typischer paralytischer 
Symptome, wie der charakteristischen Sprachstörung, meist auch 
der Pupillenstarre in Betracht. — Endlich ist der anatomische 
Befund charakteristisch, da es sich bei den arteriosklerotischen 
Geistesstörungen um umschriebene, um die schwer erkrankten Ge- 
fäße angeordnete herdartige Veränderungen handelt, zwischen denen 
sich normale Hirngebiete in größerer oder geringerer Ausdehnung 
finden, während der anatomische Prozeß der Dementia paralytica ein 
im wesentlichen durchaus diffuser ist (s. auch das Kapitel „Dementia 
paralytica“). 
Besondere Schwierigkeiten kann endlich die Abgrenzung der 
Lissauerschen „Paralyse mit Herderkrankun gen“ (s. 5.353) 
gegenüber der Arteriosklerose machen. Auch bei jener sind aber die 
Zeichen der für Dementia paralytica charakteristischen psychischen 
Schwäche meist erkennbar; außerdem können die bei der Arterio- 
sklerose vielgestaltigeren Herderscheinungen, die oft auf die verschie- 
densten Zentren hinweisen, verwertet werden: endlich wird wiederum 
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