Senile Geistesstörungen. Al
aber infolge von Kkrankhafter Selbstüberschätzung und unter dem
Einfluß affektiver Erregungen zu zweckwidrigen, unter Umständen
schädlichen Handlungen und bedürfen deshalb ständiger Beauf-
sichtigung. — Körperlich ist die schlaffe Haltung, die tonlose
zitternde Sprache, ein leichter statischer und ataktischer Tremor zu
erwähnen. — Der Zustand ist ziemlich stationär, so daß
die Kranken viele Jahre gleichmäßig in dieser geistigen Abstumpfung
und körperlichen Schwäche verharren.
Als präsenilen Beeinträchtigungswahn beschreibt ferner KRAE-
PELIN eine kleine Gruppe von Fällen, in denen, wahrscheinlich auf
dem Boden erblicher Veranlagung, im 6. Lebensjahrzehnt, bei
Frauen oft schon früher, sich eine große Urteilsschwäche mit
vielfach wechselnden kombinatorischen Beeinträch-
tigungsideen und gesteigerter gemütlicher Erregbar-
keit entwickelt.
Im Gegensatz zu dem Senium praecox können die erwähnten
Rückbildungsvorgänge selbst im höchsten Alter so geringfügig und
wenig eingreifend sein, daß man von einer den physiologischen Rück-
gang überschreitenden eigentlichen Degenereszenz überhaupt nicht
sprechen kann. Insbesondere ist daran festzuhalten, daß auch im
Alter vorübergehende und gutartige Psychosen, be-
sonders vom Charakter der Melancholie (oder Hypo-
chondrie), keineswegs selten sind. Diese Formen bezeichnen
wir nicht als „senile“ Psychosen, weil dieses Epitheton immer das
Vorhandensein der obenerwähnten eigenartigen geistigen Schwäche
in sich schließt. Nicht das Alter des betreffenden Indi-
yviduums, sondern diese Schwäche gibt also das Kri-
terium für die Diagnose einer „senilen“ Geistesstörung.
Eine bestimmte Altersgrenze, von der ab eine Psychose
dieses Beiwort erhalten müßte, existiert nicht.
Aetiologie.
Was die Ursachen betrifft, so pflegt man bei der senilen Demenz
der Heredität eine verhältnismäßig geringe Bedeutung
beizumessen. FÜRsSINER fand nur bei 20 % seiner Fälle hereditäre
Belastung, und zwar auffällig oft in Form organischer Hirnerkran-
kungen (Apoplexien, Herdaffektionen), die bei den Aszendenten oder
in Nebenlinien in vorgerückteren Jahren aufgetreten waren. —
KRAEPELIN konnte Geistesstörungen in der Familie bei wenig mehr
als der Hälfte seiner Fälle feststellen. — Doch ist es bei diesen zu-
meist im hohen Alter stehenden Individuen naturgemäß ganz beson-
ders schwer, zuverlässige Auskunft über diesen Punkt zu erhalten,
weil sehr oft außer den Kranken selbst kein Gewährsmann mehr am
Leben ist. Man darf nach sonstigen Erfahrungen wohl annehmen,
daß diese Zahlen hinter der Wirklichkeit eher zurück-
bleiben als sie übersteigen.
Krankheitsformen.
Nach allgemeinen Gesichtspunkten können zwei Gruppen seniler
Geistesstörung unterschieden werden, nämlich:
1. die im wesentlichen unter dem Bilde der Demenz
verlaufenden Fälle,
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