; R. WOLLENBERG,
2. die mehr den Charakter geschlossener psycho-
tischer Krankheitsbilder tragenden Formen.
Da nach dem oben Gesagten bei beiden Gruppen die geistige
Schwäche die wesentlichste Voraussetzung ist, so ist mit dieser Ein-
teilung eine prinzipielle Trennung der verschiedenen
Formen nicht gegeben; vielmehr bestehen zwischen ihnen nur
quantitative Unterschiede.
Beiden Gruppen gemeinsam sind die körperlichen Sym-
ptome. Von solchen kommen zunächst die allgemeinen Erscheinungen
in Betracht, die den bekannten körperlichen Habitus se-
niler Individuen ausmachen, also: Schwund des Fettpolsters,
Abmagerung, Welkwerden der Haut, Arteriosklerose der sichtbaren
Arterien, Abstumpfung der Sinnesfunktionen, insbesondere Schwer-
hörigkeit, Tremor, gebeugte Körperhaltung, unbehilflicher, trippelnder
Gang, Sphinkterenschwäche, Schlaflosigkeit usw. Indessen ist ein
Parallelismus zwischen den körperlichen und den
geistigen Zeichen des Seniums keineswegs immer vor-
handen.
Von begleitenden nervösen Störungen sind auch hier
Veränderungen an den Pupillen zu erwähnen, die aber im Senium
keineswegs immer die Bedeutung von krankhaften Stö-
rungen haben. Daß die absolute Weite und die Lichtreaktion mit
dem fortschreitenden Alter normalerweise Veränderungen erleidet,
ist an anderer Stelle (s. das Kapitel „Dementia paralytica“) er-
wähnt worden. Auch reflektorische Pupillenstarre ist im
Greisenalter verschiedentlich, wenn auch selten, beobachtet, und
zwar sowohl bei senil dementen als auch bei körperlich
und geistig gesunden Greisen. — Ferner kommen bei Greisen
Anfälle vorübergehender Ohnmacht oder auch länger
dauernder Bewußtlosigkeit ohne Konsekutive Lähmungs-
erscheinungen nicht selten vor (pseudoapoplektische Anfälle, WERNICKE),
andererseits sind in späteren Stadien der reinen Dementia senilis
Lähmungen und Kontrakturen der Extremitäten beobachtet, denen
kein genügender anatomischer Befund an der Pyramidenbahn ent-
sprach. Endlich ergeben sich aus der häufigen Komplikation der
senilen Hirnatrophie mit arteriosklerotischen Herd-
erkrankungen (thrombotischen und embolischen Erweichungen,
Blutungen) mannigfache Ausfallserscheinungen, die aber mit der
Dementia senilis als solcher nichts zu tun haben.
Eine klinisch und anatomisch besondere Form stellt die der „Dementia para-
lytica mit Herderscheinungen“ zur Seite zu setzende „Dementia senilis mit
Herderscheinungen“ dar, bei der es infolge einer lokalisierten stärkeren Kon-
zentration des diffusen Krankheitsprozesses zu epileptiformen und apoplekti-
formen Anfällen und entsprechenden, dauernden Herderscheinungen kommt.
Diese umschriebenen Atrophien betreffen besonders oft den Scheitel- und Schläfen-
lappen "nd führen nicht selten zu aphasischen Störungen.
Die unter dem Bilde der Demenz verlaufenden Fälle stellen
nur eine Steigerung der noch in die physiologische Breite fallenden
Altersveränderungen ins Pathologische hinein dar. Unmerklich voll-
zieht sich eine Aenderung der Persönlichkeit derart, daß ge-
wisse individuelle Züge, die früher vielleicht eine charakteristische
Eigenheit des Betreffenden ausgemacht haben, stärker und oft ge-
wissermaßen karikiert hervortreten: Der immer vorhanden gewesene
Sinn für Ordnung und Pünktlichkeit wird zu kleinlicher Pedanterie,
die Festigkeit und Willensstärke zu störrischem Eigensinn, die kluge
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