T R. WOLLENBERG,
tischer Hirnerkrankung zu erörtern. Die Dementia para-
lytica führt meist zu einer viel umfassenderen psychischen
Schwäche, als die syphilitische Pseudoparalyse, und schließlich zur
Vernichtung der Persönlichkeit, während der Defekt bei der
Pseudoparalyse, abgesehen vor den letzten Endzuständen jahre-
lang hingezogener Fälle, mehr ein partieller bleibt. Dagegen
zeichnet sich die letztere von der Dementia paralytica durch die:
größere Mannigfaltigkeit der körperlichen Symptome aus,
unter denen Sprach- und Schriftstörungen zurück-, Augenmuskel-
lähmungen mehr hervortreten. Der Verlauf bei der Pseudo-
paralyse ist außerdem schleppender, führt zu jahrelangen Still-
ständen und meist nicht direkt zum Tode, sondern zu mehr oder
weniger schwerem Siechtum. Gegenüber den stationären Formen
der Dementia paralytica ist das Ergebnis der serologischen
Untersuchung zu verwerten, welche bei der echten Paralyse nicht
nur im Blut, sondern auch in der Spinalflüssigkeit Komplement-
ablenkung ergibt. .
Gegenüber der Arteriosklerose ist auf das meist in einer
früheren Lebensepoche erfolgende Auftreten der syphilitischen Pseudo-
paralyse, sowie gleichfalls auf die größere Mannigfaltigkeit der körper-
lichen Symptome, die größere Häufigkeit der Augenmuskellähmungen
und der Pupillenstarre, endlich auf den serologischen Befund hinzuweisen.
In therapeutischer Beziehung kommen neben entsprechenden
symptomatischen Maßnahmen die antisyphilitischen Behand-
lungsmethoden in Betracht. In den schweren und oft das
Leben bedrohenden Fällen von syphilitischer Amentia
ist die schleunige Einleitung einer solchen geradezu
Indicatio vitalis.
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