DRITTER ABSCHNITT.
DIE HEROEN.
Die Heroen und die Sage.
Unter Heroen verstehen wir hier nicht die auf eine höhere
Stufe des Daseins, in eine Mittelstellung zwischen Menschheit
und Gottheit hinaufgerückten Toten, denen man geheimnis-
voUe Einflüsse auf das eigene Lehen zuschrieb. 1 ) Wir be
trachten hier die Heroen als die Träger der griechischen
Heldensage, die Vertreter einer weit zurückliegenden märchen
haften Vergangenheit. Ihrem Wesen und ihrem Ursprünge
nach sind diese unter sich sehr verschieden. Die einen sind
echte Gestalten der Volksreligion, dämonische Wesen, z. T.
ursprünglich wirkliche Götter, wie denn die Grenzen zwischen
Gott und Heros auch in geschichtlicher Zeit, selbst im Kultus
noch fließend sind. Andere mögen historische Persönlich
keiten sein, die die Sage verklärt hat, was wir aber in keinem
einzigen Ealle mehr feststellen können. Aber daneben gibt
es noch andere Kategorien niederen Grades. Wie sich in der
Blütezeit des Griechentums die vornehmen Adelsgeschlechter
und bei den halbbarbarischen Kandvölkern deren Könige, in
der Periode des HeHenismus aber nach dem Vorbild Alexanders
die neuen Herrscherdynastien gerne von Heroen ableiteten, so
schufen sich einige dieser Geschlechter erst aus eigener Phan
tasie ihren Ahnherrn oder eine Keihe von Vorfahren, die die
Lücken ihrer Stammbäume auszufüllen bestimmt waren,
schattenhafte Gebilde, denen aber doch zuweilen die Dichtung
kräftigeres Leben für kürzere und längere Zeit, nur in Aus
nahmefällen für die Dauer, einzuhauchen gewußt hat. Dazu
kommt die große Anzahl der Eponymen von Völkern, Land
schaften und Städten, für die dasselbe gilt. Endlich aber
die freien Erfindungen der Dichter, entsprungen aus dem Be
dürfnis, die Handlung der Mythen durch die Einführung
1) S. über diese Deneken in Roschers Myth. Lex. I 2441ff., E. Rohde
Psyche 6 I 146ff. II 348ff.; Eitrem in der Real-Enzykl. VIII 1111 ff.
Preller, Grieeh. Mythologie IX* 1 (Robert, Heldens. I). 1